Reggiori, Bauunternehmung
Während vielen Jahrzehnten war die Reggiori AG eine der führenden Baufirmen von Cham. Gegründet wurde diese vom lombardischen Baumeister Emil Reggiori im Jahr 1912. Unzählige private und öffentliche Bauten tragen noch heute die Handschrift Reggioris. Nach 97 Jahren fusioniert die Reggiori AG mit der Bauunternehmung Anliker AG.
Chronologie
1901 Im Alter von 14 Jahren entscheidet sich der junge Emilio Reggiori (1887–1978) für die Emigration aus Italien. Er versucht zunächst sein Glück zusammen mit seinen älteren Brüden Giovanni und Carlo als Bauarbeiter im Elsass. [1]
1909 Emilio Reggiori kommt als Bauarbeiter nach Cham; er findet Arbeit bei der damals sehr aktiven Bauunternehmung Miesch & Co.. Reggiori steigt rasch zum Polier auf. Und er lernt Therese Dogwiler (1891–1984) kennen, die Tochter von Fuhrhalter Franz Josef Dogwiler (1864–1925) an der Schmiedgasse. Die beiden werden ein Paar und heiraten. [2]
1912 Reggioris Arbeitgeber Miesch scheint sich zu übernehmen; bevor Miesch in Konkurs fällt, findet Reggiori rechtzeitig den Absprung. Er gründet als 25-jähriger am 1. März seine eigene Baufirma in Cham. Als tüchtiger Baufachmann findet er im stark wachsenden Ennetseegebiet für sich und seine fünf Arbeiter ausreichend Arbeit. Er kauft am 9. Mai für 2400 Franken ca. 480 m² Land in der Löbern von Landwirt Michael Grob und erstellt darauf das Dreifamilienhaus Schluechtstrasse 6 und ein Magazin (Ass.-Nr. 327a und b), seine ersten Gebäude als selbstständiger Unternehmer. [3] Dieses Haus ist der erste Firmensitz. Vor allem in ersten Jahren erstellt Reggiori viele landwirtschaftliche Bauten. [4]
1914 Der Erste Weltkrieg bricht aus. Die Bautätigkeit kommt auch in Cham praktisch zum Erliegen. Reggioris junges Baugeschäft wird einer harten Probe unterzogen. [5]
1915 Reggiori baut das Dreifamilienhaus «Rosenegg» an der Schluechtstrasse 8 (Ass.-Nr. 334a) und zieht in dieses Haus um. [6]
1919 Baumeister Reggiori arbeitet unter anderem auch für den im Schloss St. Andreas wohnhaften Fred Page (1877–1930), Sohn von George Ham Page (1836–1899), dem Gründer der Anglo-Swiss Condensed Milk Company. Dank diesen Beziehungen gelingt es Reggiori, 1919 das herrschaftliche, ehemalige Zollhaus an der Schmiedstrasse 4 der Nestlé abzukaufen. [7]
1920 Reggiori baut das Zollhaus für seine eigenen Zwecke um. Er kauft einen ersten Lastwagen mit Kippvorrichtung, es ist ein Fahrzeug der Marke Skatt und weist eine Vollgummibereifung auf. [8]
1923 Ab diesem Jahr bewohnt Reggiori selber das Zollhaus; das Monogramm «E.R.» zeugt davon.
1933 Ein wichtiges Jahr für Emilio Reggiori in mehrfacher Hinsicht: Zum einen erlangt er das Chamer Bürgerrecht. Zum anderen gründet er einen Filialbetrieb in Einsiedeln, der bis 1951 viel für die Armee, aber auch für die Schweizerische Südostbahn SOB und für Private Arbeiten ausführt. [9]
1934 Baumeister Emilio Reggiori kauft das Land neben der Lorzenhof-Scheune und erstellt das hintere Magazin an der Schmiedstrasse 17. [10]
1939 Reggiori beschäftigt bereits 100 Personen. Doch während des Zweiten Weltkriegs werden Zement und Armierungseisen rationiert: Die Auftragslage verschlechtert sich. Reggiori muss die Belegschaft reduzieren. [11]
1953 Mit Angelo Reggiori (*1928), ebenfalls Baumeister wie sein Vater, tritt die zweite Generation in die Firma ein. Reggiori junior hat fachliche Ausbildungen in Bauunternehmungen und Architekturbüros in Zürich durchlaufen und die Meisterprüfung mit Bravour bestanden.
1955 Angelo Reggiori heiratet Rita Käppeli, die Tochter von Josef Käppeli-Widmer, Sanitär und Heizungen. Als ausgebildete Kauffrau unterstützt sie ihren Mann bei den Büroarbeiten. [12]
1960 Angelo Reggiori übernimmt die Baufirma. Rechtlich wird die Firma zu einer Kollektivgesellschaft umfirmiert. [13]
1975 Die Rezession in der 1970er Jahren zwingt auch die Baufirma Reggiori zu einer Personalreduktion. [14]
1976 Die Baufirma Reggiori wird in die Aktiengesellschaft «Reggiori AG» umgewandelt. [15]
1978 Firmengründer Emil Reggiori stirbt im Alter von 91 Jahren. Im gleichen Jahr eröffnet die Reggiori AG ihren Filialbetrieb in Hünenberg.
1982 Die Firma Reggiori erstellt einen neuen Werkhof im Langacher mit Arbeiterwohnungen. [16]
1984 Die Firma kann ihren neuen Geschäftssitz im Neubau an der Schmiedstrasse 17 beziehen. [17]
1987 Die Reggiori AG feiert ihren 75. Geburtstag. Insgesamt 90 Leute arbeiten für die Unternehmung. [18]
1990 Die Reggiori AG sucht infolge von Nachfolgeproblemen eine Anlehnung an die Innerschweizer Anliker-Gruppe. Die Reggiori AG wird ein selbstständiges Tochterunternehmen innerhalb der Anliker AG. [19] Angelo Reggiori bleibt Verwaltungsratspräsident.
1992 Der Werkhof im Langacher wird erweitert, unter anderem mit einem neuen Unterkunftsgebäude für 30 Arbeiter. 5,7 Millionen Franken investiert die Firma dafür. [20]
1993 Die alten Bauten mit Magazin und Personalwohnungen an der Schmiedstrasse 6–8 haben ausgedient. Sie werden abgerissen und durch neue, helle Wohnbauten ersetzt.
1996 Die lokalen Baufirmen Reggiori, Baggenstos und Käppeli kooperieren, um die Arbeitsplätze in Cham zu erhalten. Konkret übernimmt Reggiori AG die Mitarbeiter der Baggenstos AG. [21]
1998 Zum 85-Jahr-Jubiläum lässt sich die Reggiori AG zertifizieren: Sie erhält das ISO-Zertifikat 9002. [22]
2000 Dank Synergien mit der Mutterfirma Anliker AG kann die selbstständig agierende Reggiori AG sämtliche Bauvorhaben ausführen, von der einfachen Kundenarbeit bis hin zum Grossprojekt.[23]
2002 Die Reggiori AG übernimmt den operativen Teil der Gebrüder Käppeli AG, Cham – letztere Firma agiert fortan nur noch als Immobilienfirma. Rund 50 Leute der Käppeli AG wechseln zur Reggiori AG. [24]
2003 Rund 140 Personen sind bei der Reggiori AG beschäftigt. [25] «Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit, Kostengarantie und Termintreue zusammen mit hoher Qualität: Darauf setzt Reggiori seit Jahren mit Erfolg. So ist der ehemals kleine Betrieb zu einem erfolgreichen, mittelgrossen Bauunternehmen der Region geworden.» [26]
2009 Nach 97 Jahren selbstständiger Existenz fusioniert die Reggiori AG am 8. Juni mit der Anliker AG, die sämtliche Aktiven und Passiven der Reggiori AG übernimmt.
Personen
Fotoarchiv
Aus dem Fahrzeugpark der Firma Reggiori
Dokumente
Inserate
Bekannte Reggiori-Bauten in Cham und Umgebung [27]
1912–1920
- Schluechtstrasse 6, Dreifamilienhaus (1912)
- Schluechtstrasse 8, Dreifamilienhaus (1915)
- Scheunenneubau für Karl Gretener in der Baregg
- Neubau Schulhaus Hagendorn
- Umbau der Pfarrkirche St. Jakob
- Werkstattgebäude Nestlé AG, Knonauerstrasse
- Liegenschaft «Schlüssel», Adelheid-Page-Strasse
1921–1930
- Schuhhaus Gretener am Kirchenplatz
- Scheunenbau für das Kloster Heiligkreuz
- Wohn- und Geschäftshäuser an der Hünenbergerstrasse: Metzgerei für Metzgermeister Josef Laubacher-Rüttimann (1889–1977), Schuhmacherhaus für Hr. Sidler, Elektrogeschäft für August Sidler (1896–1983)
- Bürogebäude der Maschinenfabrik Cham
1931–1940
- Neubau Kinderheim Hagendorn
- Wohn- und Geschäftshaus Sonnhof
- Verwalterhaus Zisterzienserinnenkloster Frauenthal
1941–1950
- Wohnüberbauung Hänibüel Zug
- Papierfabrik Cham, Neubauten und interne Aufgaben
- Scheunen-Neubau Gutsbetrieb Zugerberg
- Jugendkirche Einsiedeln
- Reformierte Kirche Einsiedeln
- Neubau Post Einsiedeln
- Totalumbau Hotel Pfauen Einsiedeln
- Kisten- und Holzwarenfabrik Einsiedeln
- Bunker und Stollenbauen im Etzelgebiet
1951–1960
- Schulhausneubau Städtli I, Südtrakt
- Überbauung Duggeli
- Migros-Neubau an der Luzernerstrasse 22
1961–1970
- 60 Wohnungen für die Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham (GBC)
- Überbauung Enikerfeld
- Pfarreiheim Cham
- Neubau Spital Cham
- Wohn- und Geschäftshaus H. Stocker, Zugerstrasse
1971–1980
- Altersheim Cham
- Schulhaus Röhrliberg (in Arbeitsgemeinschaft mit weiteren Unternehmen)
- 30 Alterswohnungen für die Gemeinnützige Baugenossenschaft Cham
1981–1987
- Werkhof Gemeinde Cham an der Sinserstrasse (in Arbeitsgemeinschaft mit weiteren Unternehmen)
- Schulhauserweiterung Röhrliberg
- Rundbau Eichhof
- Überbauung Hofmatt, Hagendorn
1991–2000
- Gemeindehaus Mandelhof (in Arbeitsgemeinschaft mit weiteren Unternehmen)
- Erweiterung Schulhaus Kirchbühl
2001–2010
- Wohn- und Geschäftshaus «zur Linde» in Lindencham
Einzelnachweise
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1930), 1. Band
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Kurzportrait der Firma Reggiori als Familienbetrieb, Typoskript (undatiert, circa 1985), freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Angelo Reggiori
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987. Luzerner Neuste Nachrichten, 28.11.1987
- ↑ Reggiori AG, Firmenbroschüre 1997
- ↑ Zuger Nachrichten, 06.10.1992
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 07.09.1996
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 05.02.1998
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 06.07.2000
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 13.12.2001. Zuger Presse, 18.12.2001
- ↑ Freundliche Mitteilung von Angelo Reggiori, 19.03.2021
- ↑ Chomer Bär, offizielle Zeitschrift für Cham und Umgebung 101, September 2003
- ↑ Zuger Nachrichten, 21.10.1987, Ergänzungen von Angelo Reggiori, 19.03.2021