Schluechtstrasse 6
Das Dreifamilienhaus an der Schluechtstrasse 6 ist das erste Haus, das Emilio Reggiori 1912 in eigener Regie gebaut hat. Nach wenigen Jahren verkaufte es Reggiori an den Bärenwirt Paul Baumgartner. Bekanntester Mieter und späterer Besitzer war die Familie von Anna und Julius Schnurrenberger-Baumgartner. Das Haus blieb im Besitz ihrer Nachkommen, bis es 2004 veräussert wurde. In diesem Haus spielte die Musik eine grosse Rolle. Hunderte von Kindern besuchten dort Blockflötenunterricht, lange bevor es in Cham eine Musikschule gab. In diesem Haus fanden zudem 17 Pflegekinder ein Zuhause.
Chronologie
1912 Baumeister Emilio Reggiori (1887–1978) eröffnet in Cham sein erstes Baugeschäft. [1] Er kauft am 9. Mai für 2400 Franken ca. 480 m² Land in der Löbern von Landwirt Michael Grob und erstellt darauf das Dreifamilienhaus Schluechtstrasse 6 und ein Magazin (Ass.-Nr. 327a und b), seine ersten Gebäude als selbstständiger Unternehmer. [2] Die Familie Reggiori wohnt in diesem Haus, wahrscheinlich auch die Familie von Anna und Julius Schnurrenberger-Baumgartner (1876–1947). Reggiori und Schnurrenberger haben engen Kontakt, Julius Schnurrenberger führt Reggioris Buchhaltung. [3]
1915 Reggiori verkauft das Haus Schluechtstrasse 6 an Paul Baumgartner (1871–1923), der zusammen mit seiner Frau Agathe Hüsler (1871-1945) das Hotel-Restaurant «Bären» besitzt und führt. [4] Baumgartner übernimmt die Mieter. In einer Wohnung wohnt die Familie seiner Tochter Anna und Julius Schnurrenberger-Baumgartner. Reggiori baut nebenan das Wohnhaus «Rosenegg» an der Schluechtstrasse 8 (Ass.-Nr. 334a) und zieht in dieses Haus um. [5]
1922 Paul Baumgartner verkauft das Haus am 13. November für 26'000 Franken an seine Tochter Anna Schnurrenberger-Baumgartner. [6]
1931 Anna Knecht-Schnurrenberger, die Tochter von Julius und Anna Schnurrenberger-Baumgartner, und ihr Ehemann Willy Knecht beziehen nach ihrer Heirat eine Wohnung im Haus. [7]
1935 Nach dem Tod von Anna Schnurrenberger-Baumgartner wird ihr Ehemann Julius Schnurrenberger-Baumgartner neuer Besitzer der Liegenschaft. [8]
1947 Die von der reformierten Kirche angestellte Rotkreuz-Schwester Emilie Sidler (1900–1980) zieht in die Parterrewohnung, um dem durch einen Unfall querschittgelähmten Walter Schnurrenberger (1911–1962) am Morgen und am Abend beim An- und Ausziehen des Stützapparates zu helfen. Sie lebt bis 1965 im Haus. [9]
1948 Nach dem Tod von Julius Schnurrenberger gehört das Haus einer Erbengemeinschaft, bestehend aus Walter Schnurrenberger (1911–1962), Anna Knecht-Schnurrenberger (1910–1999) und Trudy Meier-Schnurrenberger. [10] Alle Mitglieder der Erbengemeinschaft wohnen im Haus. [11]
1959 Walter Schnurrenberger wird alleiniger Besitzer des Hauses. [12]
1963 Anna Knecht-Schnurrenberger übernimmt nach dem Tod ihres Bruders Walter die Liegenschaft. [13]
1981 Anna Knecht verkauft die Liegenschaft an ihre Tochter Jeannette Scherer-Knecht. [14]
2004 Die Liegenschaft wird an eine in Cham zugezogene junge Familie verkauft.
2024 Die Liegenschaft an der Schluechtstrasse verfügt über eine grosse Gartenanlage. [15]
Bauliche Veränderungen und Renovationen
1935 | Im Parterre wird eine Zentralheizung eingebaut |
1956 | Die Garage wird angebaut, der Hauseingang erhält ein Vordach, die Fassade und die Jalousien werden erneuert |
1970 | Neue Fenster mit Doppelverglasung werden eingebaut |
1975 | In die Wohnungen werden Bäder eingebaut |
1981 | Die Wohnung in der 2. Etage erhält eine neue Küche |
1985 | Eine Ölheizung wird installiert, die Wohnung im Parterre wird saniert. |
1988 | Die Wohnungen in der ersten und zweiten Etage werden saniert |
1991/92 | Die Fassade wird saniert, es werden Parkplätze geschaffen, der Garten wird umgestaltet |
1998 | Das Treppenhaus wird saniert [16] |
DIE Chamer Adresse für Musik
In der Familie Schnurrenberger, die ab 1915 im Haus an der Schluechtstrasse lebte, war Musik sehr wichtig. Julius Schnurrenberger-Baumgartner (1876–1947) war ab 1894 Trompeter in der Musikgesellschaft Cham und 1895 Gründungsmitglied des Orchestervereins Cham. Von 1909 bis 1945 leitete er die Musikgesellschaft. Sein Sohn Walter (1910–1962) verunglückte 1927 als Maurerlehrling und blieb querschnittsgelähmt. Weil er nicht mehr die Kraft hatte, Trompete zu spielen, lernte er die verschiedenen Blockflöten und Geige spielen, zudem bildete er sich in der Musik weiter. Der Musikunterricht wurde zu seiner Lebensaufgabe. Er unterrichtete an der Schluechtstrasse 6 ab den 1940er Jahren hunderte Schülerinnen und Schüler, vor allem auf der Blockflöte. [17]
Ein Zuhause für 17 Pflegekinder
Anna Knecht-Schnurrenberger (1910–1999), an der Schluechtstrasse 6 aufgewachsen, ab 1963 Besitzerin der Liegenschaft, wurde als junge Frau aus Frankreich zurückgerufen, um ihrer Mutter bei der Pflege ihres durch einen Unfall querschnittgelähmten Bruders Walter zu helfen. Pflegen und Beistehen wurde zu ihrer Lebensaufgabe. Sie hatte vier Töchter. Als eine Tochter Ende der 1940er Jahre schwer krank wurde, riet ein Arzt, vorübergehend ein etwa gleichaltriges Kind aufzunehmen. Dabei blieb es nicht. Anna Knecht hat in ihrem Haus im Lauf der Jahre 17 Pflegekinder betreut, zwei davon während der ganzen Kindheit und Jugendzeit. [18]
Erste Häuser im Löbernquartier
Auf der 1924 entstandenen Flugaufnahme von Walter Mittelholzer (1894–1937) sieht man am rechten Bildrand die drei ältesten Häuser im heutigen Löbernquartier, darunter die von Emil Reggiori erbauten Häuser Schluechtstrasse 6 und 8.
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, Typoskript, o. D., o. S.
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1930), 1. Band
- ↑ Freundliche Mitteilung von August Sidler, Cham, 14.02.2024
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1930), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band; Schluechtstrasse 6 in Cham oder die Geschichte vom «Schnurrenberger-Haus», Hauschronik der Schluechtstrasse 6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Linard und Sylvia Nadig, Schluechtstrasse 6, Cham, Dezember 2023
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Schluechtstrasse 6 in Cham oder die Geschichte vom «Schnurrenberger-Haus», Hauschronik der Schluechtstrasse 6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Linard und Sylvia Nadig, Schluechtstrasse 6, Cham, Dezember 2023
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Schluechtstrasse 6 in Cham oder die Geschichte vom «Schnurrenberger-Haus», Hauschronik der Schluechtstrasse 6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Linard und Sylvia Nadig, Schluechtstrasse 6, Cham, Dezember 2023
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Schluechtstrasse 6 in Cham oder die Geschichte vom «Schnurrenberger-Haus», Hauschronik der Schluechtstrasse 6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Linard und Sylvia Nadig, Schluechtstrasse 6, Cham, Dezember 2023
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 206; Grundbuchfläche: 618 m²; Gebäude: 142 m²; übrige befestigte Fläche: 77 m²; Gartenanlage: 399 m² [Stand: 08.02.2024]
- ↑ Schluechtstrasse 6 in Cham oder die Geschichte vom «Schnurrenberger-Haus», Hauschronik der Schluechtstrasse 6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Linard und Sylvia Nadig, Schluechtstrasse 6, Cham, Dezember 2023
- ↑ Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
- ↑ Freundliche Mitteilung von Elsbeth Bircher-Knecht, Küssnacht, und Hildegard Bucher-Knecht, Inwil LU, 12.01.2022