Von Rotz–Renggli Otto (1914–2009)
Otto von Rotz war ein Chamer Architekt, der bedeutende öffentliche und private Bauten geschaffen hat. Sein bekanntestes Bauwerk ist die denkmalgeschützte Badi Hirsgarten. Auch das katholische Pfarreiheim und die Mehrzweckhalle Hagendorn wurden vom Büro von Rotz realisiert.
Stationen
1914 Otto Hermann von Rotz wird am 21. Mai geboren als Sohn von Schreiner Joseph von Rotz (1884–1934) und Ernestine geb. Fellmann (*1886). Er ist Bürger von Kerns OW und wächst zusammen mit sieben Geschwistern in Zug auf. Seine Schwester Marianne stirbt früh. Von Rotz lässt sich zum Bautechniker ausbilden. [1]
Die Geschwister von Rotz (v.l.n.r.): Adelbert (genannt «Bärti»), Otto, Joseph, Therese, Paul, Oswald, Monika
um 1934
Otto von Rotz arbeitet bei der Baufirma Gebrüder Käppeli in Cham. [2]
1941 Otto von Rotz heiratet Emma Lina Renggli (1913–2010), Bürgerin von Romoos LU und wohnhaft in Zürich. [3] Dem Ehepaar werden zwei Töchter geschenkt, Beatrice (*1942) und Irene (*1946).
Otto von Rotz macht sich als Architekt selbstständig, als er etwa 30 Jahre alt ist. [4]
Ende der 1940er-Jahre Nach dem Zweiten Weltkrieg realisieren Marie und Rudolf König-Dogwiler mit Architekt von Rotz einen Anbau für das Tearoom «Mokafé». [5]
Die von Otto von Rotz entworfene Wetterstation am Rabenplatz
1945 Otto von Rotz wird Vizepräsident der Baugenossenschaft Rigiblick. Ihr Zweck ist die Erstellung gesunder und preiswerter Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern. Sie kann Grundstücke erwerben, überbauen, verwalten und verkaufen. Diese Genossenschaft besteht bis 2012. Präsident der Genossenschaft ist Hans Metzger, Domizil die Luzernerstrasse, wohl der Firmensitz der Gebrüder Käppeli. [6]
1949 Das «Wetterhäuschen» am Rabenplatz wird durch ein wesentlich schlichteres, dem Zeitgeschmack entsprechendes, multifunktionales und von Otto von Rotz entworfenes Modell ersetzt. Es ist ein Geschenk der ortsansässigen Firma Nestlé an den Chamer Verschönerungsverein. Die Baukosten betragen 2941.65 Franken. Von Rotz soll für seinen Entwurf kein Geld verlangt haben. [7]
Skizze von Otto von Rotz für den Umbau des Geschäftslokals von Fritz Wolf
1950
Otto von Rotz baut im Auftrag von Fritz Wolf (1908–1987) dessen Geschäftslokal um: «Die lange Front des Bedienungstisches ermöglicht es heute den eiligsten Kunden rasch zu bedienen.» [8]
1951 Werner Locher-Werder (1914–2011) baut sein Geschäftshaus an der Sinserstrasse 1 mit Architekt Otto von Rotz um. Es entsteht eine neue Porzellan- und Haushaltsabteilung. [9]
1953 Von Rotz erhält der Auftrag das Schulhaus Ehret A in Hünenberg zu bauen. [10]
1954 Das Strandbad Cham wird nach Plänen von Otto von Rotz erweitert. Es werden u.a. zusätzliche 270 Garderobenkästchen eingebaut. [11]
In Cham wird die neue neue Badeanlage im Hirsgarten nach dem Entwurf von Architekt von Rotz eröffnet. [12]
1955 Die Darlehenskasse Cham an der Sinserstrasse 3 wird unter der Leitung von Otto von Rotz modernisiert. Die Liegenschaft wird innen und aussen renoviert, «verbunden mit zweckmässiger Gestaltung der Kassaräumlichkeiten». [13]
1957 Ein Umbau der Apotheke Anklin durch Otto von Rotz bringt viel Licht in den Raum. Er trennt gestalterisch die Apotheke im Erdgeschoss von den Wohnräumen in den Obergeschossen. [14]
Im selben Jahr wird das Einfamilienhaus im Räbacher 2 (Ass.-Nr. 700a) fertig gebaut. [15]
Das ehemalige Haus der Familie von Rotz am Räbacher 2. Auf dem zweiten Bild ist das Architekturbüro zu sehen, das sich im Erdgeschoss befand
1958
Gartenarchitekt Ernst Baumann (1907–1992) aus Thalwil ZH gestaltet den Garten des Hauses von Otto von Rotz. Er will ein maximales Verwischen der Grenzen zwischen Innen- und Aussenräumen erreichen. [16]
1959 Das Gasthaus «Kreuz» erfährt einen grösseren Umbau. Das Projekt stammt vom Otto von Rotz, der auch die Bauleitung übernimmt. Ein Kuriosum ist die Platzierung von alten Eichenbalken von 1642 zwischen den Räumen als Sturz und Pfosten; diese stammen vom alten Glockenstuhl der Pfarrkirche St. Jakob. [17]
1961/1962 Von Rotz erhält auch ausserhalb Chams verschiedene Aufträge: Er plant die Sanierung der katholischen Kirche in Pfungen ZH [18] und die umfassende Erweiterung der Internatsschule in Walterswil bei Baar. [19]
1962 Der Leue in Hagendorn wird bei einem Brand am 28. April komplett zerstört. [20] Nach dem Brand wird das Gebäude neu erstellt. Die Planung übernimmt Otto von Rotz, die Ausführung übernimmt Besitzer und Zimmermeister Josef Leu (1912–1995). [21]
Im gleichen Jahr wird das Äussere der Pfarrkirche St. Jakob nach den Kriterien der Materialechtheit saniert. Die Bauleitung obliegt Otto von Rotz. [22]
Der 1964 durch von Rotz erstellte Kirchbühlhof am Allmendweg
1964
Karl Zimmermann (1924–1995) lässt ein neues Bauernhaus im traditionellen Heimatstil am Allmendweg 6 erstellen. Architekt ist Otto von Rotz, Projektleiter Adolf Gretener (1931–2023), ein Mitarbeiter von Architekt von Rotz.
1966 Ende Januar gewinnt Otto von Rotz den Projektierungswettbewerb für Pfarreiheim, Pfarrhaus und Kaplanei der Kirchgemeinde Cham-Hünenberg. [23] Die Detailplanung und Bauleitung für das Pfarreizentrum Cham übernimmt sein Mitarbeiter Heinz Werder. [24]
Anton Harnischberg (1932–1997) mit Baumeister Angelo Reggiori (*1928) und Architekt Otto von Rotz (v.l.n.r.), 1968 auf dem Gelände der Abnox nach dem Brand
1968
Auf dem Areal der ehemaligen Milchsiederei wütet am 1. März ein Grossbrand, der auch die Werkeinrichtung der Abnox in Mitleidenschaft zieht. [25] Von Rotz bekommt den Auftrag, die Gebäude wieder in Stand zu stellen.
Die von Otto von Rotz konzipierte Turn- und Mehrzweckhalle Hagendorn
Die Gesamtverantwortung für den Bau der Mehrzweckturnhalle beim Schulhaus Hagendorn wird Otto von Rotz übertragen: Dieser erarbeitet einen schlichten architektonischen Aufbau des Gebäudes. Die einfache und klare Organisation soll mit Sichtbeton, Naturholz und schattengrauem Eternit sichtbar gemacht werden. [26]
Am 4. Dezember bewilligt die Kirchgemeinde Oberägeri den Neubau eines Pfarrhofs nach den Plänen von Otto von Rotz. [27]
1970 Der Ende der 1940er-Jahre erstellte Anbau des Tearoom «Mokafé» wird durch Otto von Rotz erneuert. [28]
1971 Otto von Rotz ist Sekretär des Verbands freierwerbender Architekten der Zentralschweiz. [29]
1970er-Jahre Die Menzinger Schwestern planen, das Marianum in Menzingen nach Plänen von Otto von Rotz zu erneuern. Das Projekt wird nicht realisiert und das Marianum wird 1975 geschlossen. [30]
Otto von Rotz im Alter
2009
Otto von Rotz stirbt am 2. Juli kurz nach seinem 95. Geburtstag. [31]
2011 Das Haus der Familie von Rotz wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. [32]
Der architektonisch wohl wertvollste Bau von Otto von Rotz: Die seit 2019 denkmalgeschützte Badi Hirsgarten, 2021
Würdigung
Das Schaffen von Otto von Rotz fand hauptsächlich während der Bau-Hochkonjunktur der 1960er- und 1970er-Jahre statt, als noch genügend Bauland vorhanden war und überall gebaut werden konnte. Otto von Rotz verstand es auch, verschiedene Landeigentümer, meist Bauern mit eingezontem Land, davon zu überzeugen, kleinere und grössere Überbauungen mit Wohnhäusern zu realisieren.
In Cham etwa in Enikon für Josef Baumgartner, in Hünenberg in der Schürmatt für Kaspar Schwerzmann, in Rotkreuz an der Weidstrasse für Josef Hausherr (Velo-Hausherr). In Unter- und Oberägeri führte er im Auftrage der Gebr. Häusler AG die Projektierung und Planung für mehrere Bauten aus. [33] Einige Gewerbetreibende in Cham haben bei von Rotz Renovationen und Erweiterungsbauten in Auftrag gegeben. Viele dieser Bauten sind unterdessen verschwunden.
Sein architektonisch wertvollster Bau ist das denkmalgeschützte Seebad Hirsgarten. Die bekanntesten öffentlichen Bauten sind das katholische Pfarreiheim in Cham, die Turn- und Mehrzweckhalle Hagendorn und das Schulhaus Ehret A in Hünenberg.
Projekt Zythus
Als Josef Stöckli (1929–2021) von 1964 bis 1969 die Überbauung Alpenblick, die erste Hochhaussiedlung im Kanton Zug, realisierte, plante Otto von Rotz beim Zythus ein Pendant zu errichten. Diese Pläne scheiterten. Es fehlte an einer fundierten Planung und an der Finanzierung. Das gescheiterte Projekt Zythus wurde zu einem Sujet am Chamer Fasnachtsumzug. [34]
Datenblätter zu Gebäuden von Otto von Rotz
Erinnerungen an Otto von Rotz
Otto von Rotz liebte grosse Amerikanerautos und das Reiten. Am Donnerstagnachmittag war der wöchentliche Reittermin. Zusammen mit Josef Hausherr und weiteren Kollegen ritt er aus. [35] Weitere Leidenschaften von Otto von Rotz waren das Reisen, das Malen und das Schnitzen von Holzmasken. [36]
Das Haus der Familie von Rotz lag ganz nahe beim Schulhaus Städtli und am Schulweg der Kinder aus dem Löbernquartier und dem Bergacker. Im Winter waren die grossen Fenster des Architekturbüros im Erdgeschoss ein beliebtes Ziel für Schneebälle. Dies führte immer wieder zu Meldungen an die Lehrerschaft. [37]
Einzelnachweise
- ↑ Portraitarchiv.ch [Stand: 04.09.2024]. Freundliche Auskunft von Irene Hunziker-von Rotz, Luzern, 24.09.2024
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ Amtsblatt Obwalden 1941, S. 742
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ Zugersee-Zeitung, 07.12.1950
- ↑ Schweizerisches Handelsamtsblatt = Feuille officielle suisse du commerce = Foglio ufficiale svizzero di commercio, Band 64 (1946), S. 54
- ↑ Zuger Zeitung, 29.06.2024
- ↑ Zugersee-Zeitung, 17.11.1950
- ↑ Zugersee-Zeitung, 19.10.1951
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 298. https://www.architekturbibliothek.ch/bauwerk/schulhaus-ehret-b/ [Stand: 02.09.2024]
- ↑ Einwohnergemeindearchiv Cham, Liegenschaften 16, Badeanstalten 1954–1975
- ↑ Zuger Neujahrsblatt, 17.07.1954
- ↑ Zugersee-Zeitung, 01.07.1955
- ↑ Vgl. Anmerkung 9 (Grünenfelder), S. 283, 516. Zugersee-Zeitung, 25.10.1957
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 2. Band
- ↑ Hartmann Schweizer, Rahel, Geliehene Szenerien. Der Einfluss japanischer Gartenkunst auf die Schweizer Landschaftsarchitektur, Basel 2024, S. 289
- ↑ Zugersee-Zeitung, 20.11.1959
- ↑ https://www.faessler-architekt.ch/portfolio/innensanierung-kath-kirche-st-pirminius-dorfstr-4-pfungen-zh/ [Stand: 02.09.2024]
- ↑ Wiederkehr, Ruth et al., Ort der Heilung – Ort der Bildung. Die Geschichte von Walterswil bei Baar, Baar 2022, S. 120f.
- ↑ Zuger Kalender 1963, Chronik 28.04.1962
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Leue Hagendorn, Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrats des Kantons Zug vom 26.06.1962
- ↑ Vgl. Anmerkung 9 (Grünenfelder), S. 76, 511
- ↑ Zuger Neujahrsblatt, 31.01.1966
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ Zuger Neujahrsblatt 1969, Chronik 01.03.1968
- ↑ Zuger Nachrichten, 16.02.1968
- ↑ Zuger Neujahrsblatt, 04.12.1968
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Schmiede, Erneuerungsgesuch vom 16.05.1970
- ↑ Luzerner Adressbuch, 1971, Band 59, S. 53
- ↑ Bildungsweg Menzingen, Ein kulturhistorischer Rundgang, Einwohnergemeinde Menzingen 2020, S. 31
- ↑ https://www.todesanzeigenportal.ch [Stand: 02.09.2024]
- ↑ Freundliche Mitteilung von Irene Hunziker-von Rotz, Luzern, 24.09.2024
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ Freundliche Mitteilung von Heinz Werder, Cham, Lernender und später Mitarbeiter im Büro von Rotz, 02.09.2024
- ↑ https://www.todesanzeigenportal.ch [Stand: 02.09.2024]. Freundliche Auskunft von Irene Hunziker-von Rotz, Luzern, 24.09.2024
- ↑ Freundliche Mitteilung von Christoph Schmuki, Cham, September 2024