Hildebrand Jakob (1833–1885)
Jakob Hildebrand stammte aus dem Chamer Weiler Bibersee und war ein Politiker, der es vom Gemeindeschreiber zum Landammann und Ständerat brachte. Politisch war er katholisch-konservativ und gehörte dem Lager der Ultramontanen an.
Stationen
1833 Jakob Vinzenz Hildebrand kommt am 19. Juli im Chamer Weiler Bibersee als Sohn von Johann Kaspar Hildebrand (1798–1856) und Anna Maria Hildebrand-Grob zur Welt. Sein Vater war bereits Gemeinderat, Gemeindepräsident, Kantonsrat, Grossrat und Regierungsrat. Im nahen Niederwil besucht Jakob im Kaplanenhaus bei Kaplan Franz Josef Zürcher (1813–1866) die Primarschule. [1]
1847–1851 Hildebrand besucht das Kollegium in Schwyz und Schulen in Rouffach im Elsass, Rapperswil SG und in Einsiedeln, wo er Latein und Altgriechisch lernt. [2] Doch bricht er seine Ausbildung ab, weil er den elterlichen Hof in Bibersee übernehmen muss. Sein Vater ist erkrankt. «Zeit seines Lebens litt der Heimbefohlene unter seinem Bildungsmangel.» [3]
1856 Hildebrand wird Zuger Kantonsrichter (bis 1866). [4]
1858 Hildebrand wird zum ersten Unterleutnant der Infantrie befördert. [5]
1859 Die Chamer wählen Hildebrand mit 26 Jahren und drei Monaten in den Kantonsrat (bis 1885). [6]
1860 Zudem wird Hildebrand auch noch Gemeindeschreiber von Cham (bis 1866). [7] «Jahrelang versah er diese Stelle trotz dem weiten Wege, welchen er von Bibersee zu den Gemeinderaths-Sitzungen nach Cham zu passieren hatte.» [8]
1861 Hildebrand ist Mitglied der Schulkommission (bis 1872).
1863 Jakob Hildebrand verlässt Bibersee. Er heiratet Maria Verena Bütler, die Tochter von Hauptmann Bernhard Bütler von Cham, die aber jung stirbt. Darauf heiratet er deren Schwester Katharina Bütler (genannt «Nanette», 1840–1924). Katharina bringt drei Söhne, darunter Johann Baptist, und eine Tochter zur Welt. [9] Gemeindeschreiber Hildebrand lässt das Wohnhaus Luzernerstrasse 23 an der Ecke Bahnhofstrasse/ Hünenbergerstrasse erstellen. [10] Ein Jahr später wird der Bahnhof Cham eröffnet, so dass sich die Lage bald als vorteilhaft erweist.
1866 Hildebrand wird in den Regierungsrat gewählt. Er übernimmt das Justiz- und Polizeidepartement. [11]
1867 Hildebrand demissioniert als Gemeindeschreiber und Kantonsrichter; neu ist er nicht nur Regierungsrat, sondern auch noch Chamer Gemeinderat (bis 1879). Er ist also gleichzeitig in der gemeindlichen und der kantonalen Exekutive sowie in der kantonalen Legislative tätig. [12]
1871 Der Zuger Grosse Rat wählt Hildebrand auch noch in den Ständerat (bis 1885). [13] Neben dem umstrittenen Baarer Oswald Dossenbach (1824–1883) ist Hildebrand der Führer der Zuger Ultramontanen.
1873 Hildebrand wird Teilhaber der Creditanstalt Zug.
1874 Der Vielbeschäftigte wird Kirchenratspräsident von Cham-Hünenberg. [14]
1874–1876 Hildebrand präsidiert der Zuger Kantonsrat. [15]
1875 Der konservative Ortsbürgerblock im Einwohnerrat unter der Führung von Jakob Hildebrand drückt auf das Tempo, als es darum geht, der Forderung der Zuger Kantonsverfassung von 1874 nachzukommen, die Einheitsgemeinde aufzuteilen, in die Einwohner–, die Bürger– und die Kirchgemeinde. Am 7. Februar, noch bevor die Einsprachefrist gegen das Ausscheidungsgesetz verstrichen ist, findet die Versammlung der Einwohnergemeinde statt, die sehr gut besucht ist, vor allem von den Chamer Bürgern. [16] Umstritten ist, wem das «Neuhaus» gehören soll, das alte Gemeindehaus an der Schulhausstrasse 1, in welchem die Chamer Kinder damals zur Schule gehen. Gemäss Teilungsvertag soll es an die Bürgergemeinde gehen. Diese Zuteilung ist aber höchst umstritten, weil das Schulwesen in der Kompetenz der Einwohnergemeinde liegt.
1877 Jakob Hildebrand wird Präsident der Schulkommission Cham (bis 1884). [17]
1879 Das «Neuhaus», Streitobjekt zwischen den Bürgern und den Zugezogenen, wird von der Bürgergemeinde für 50'000 Franken an die Einwohnergemeinde verkauft. Die Bürgergemeinde wird dadurch sehr wohlhabend. Nun ist Hildebrands Mission im Chamer Einwohnerrat im Dienst der Chamer Bürger erfüllt. Er tritt als Einwohnerrat zurück. [18]
1880 Hildebrand wird für drei Jahre zum Zuger Landammann gewählt. In der kantonalen Politik ist Hildebrand der erste Vertreter der ehemaligen Vogteien in den höchsten Staatsämtern. [19]
1883 Als Justiz- und Polizeidirektor reorganisiert Hildebrand Polizei und Strafvollzug. Unter seiner Führung wird die erste kantonale Strafanstalt an der Aa in Zug gebaut.
1883–1885 Neben seiner politischen Tätigkeit führt Hildebrand als Direktor auch noch die Creditanstalt in Zug. [20]
1884 In der Wintersession des Ständerates hat Jakob Hildebrand ein medizinisches Problem. Auf ärztliche Weisung kann er an der Session nicht bis zum Ende teilnehmen und muss in Cham «krank darniederliegen». [21]
1885 Hildebrand stirbt im 52. Lebensjahr nach längerem Leiden [22] am 1. Februar in Cham. Drei Tage später wird er beerdigt. [23]
Würdigung
Hildebrand war der berühmteste und einflussreichste Vertreter dieser Familie aus Bibersee, welche die Chamer und Zuger Politik über mehrere Generationen massgeblich beeinflusst hat. Jakob Hildebrand war als Katholisch–Konservativer Exponent des ultramontanen Flügels der Partei. Er hatte mehrere kommunale und kantonale Exekutiv- und Legislativämter inne. So sass er gleichzeitig im Chamer Einwohnerrat, im Zuger Regierungsrat und im Zuger Kantonsrat. Zudem war er Ständerat des Kantons Zug. Eine solche Kumulation von Ämtern wäre heute nicht mehr denkbar.
Im Streit um das «Neuhaus», das alte Chamer Gemeindehaus, das im 19. Jh. als Schulhaus diente, zog er die Fäden. Er nutzte seinen Wissensvorsprung als Regierungsrat, um das «Neuhaus» der Chamer Bürgergemeinde in die Hände zu spielen. In diesem Streit war mit Heinrich Vogel-Saluzzi (1822–1893) ein Zugezogener wichtigster Gegenspieler von Jakob Hildebrand.
Nach Hildebrands Tod schreibt eine Zeitung aus dem radikalen, politisch gegnerischen Lager: «Herr Hildebrand gehörte der Rechten im Ständerathe an, zeigte gegen alle Kollegen ein liebenswürdiges Benehmen und galt in Verwaltungssachen als ein fleißiger Arbeiter und ruhiger Beurtheiler.» [24]
Einzelnachweise
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885
- ↑ Matter, Gerhard, Der Kanton Zug auf dem Weg zu seiner Verfassung von 1876, Zug 1985, S. 113f.
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 13.02.1858
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Durch Jakob Hildebrand war der Chamer Einwohnerrat (Gemeinderat) über das laufende Gesetzgebungsverfahren jederzeit bestens informiert. So erklärt sich, dass die Chamer Ausscheidung den rechtlichen Anforderungen genügte. Einwohnergemeindearchiv Cham, C1-50001, Protokolle des Einwohnerrats, 05.12.1874, 14.01.1875; Typoskript freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Historiker Daniel Schläppi, Bern. Er erforscht die Güteraufteilung in allen Gemeinden im Kanton Zug im Rahmen des Forschungsauftrags 2023/2024 des Staatsarchivs. Sein Artikel «Eine Gefährde des Bürgereigentums und die Quelle vielen Haders. Die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug 1874–1886» erscheint im Tugium 40/2024. Zuger Volksblatt, 13.02.1875
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885
- ↑ Einwohnergemeindearchiv Cham, C1-50001, Protokolle des Einwohnerrats, 05.12.1874, 14.01.1875. Typoskript freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Historiker Daniel Schläppi, Bern. Er erforscht die Güteraufteilung in allen Gemeinden im Kanton Zug im Rahmen des Forschungsauftrags 2023/2024 des Staatsarchivs. Sein Artikel «Eine Gefährde des Bürgereigentums und die Quelle vielen Haders. Die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug 1874–1886» erscheint im Tugium 40/2024
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Renato Morosoli: "Hildebrand, Jakob", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.10.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/004386/2007-10-23/ [Stand: 11.07.2024]
- ↑ Tagblatt der Stadt Biel, 07.01.1885
- ↑ Walliser Bote 07.02.1885
- ↑ In vier Ausgaben der Neuen Zuger Zeitung erscheint ein umfangreicher Nachruf. Neue Zuger Zeitung, 11.02.1885, 14.02.1885, 18.02.1885, 21.02.1885
- ↑ zitiert nach: Walliser Bote, 07. 02.1885