Dorfmärt
Der Chamer Dorfmärt wurde 1993 ins Leben gerufen, um den 1992 eingeweihten Dorfplatz vor dem Lorzensaal zu beleben. Mit dem Bezug des Neudorfcenters hatte sich der Schwerpunkt für den Verkauf von Konsumgütern vom Kirchbühl ins Städtli verlagert. Der Dorfmarkt sollte dieser Entwicklung entgegenwirken.
Chronologie
1992 Am 23. Mai werden der Lorzensaal, die Gemeindebibliothek und der Dorfplatz, das neue Zentrum, eingeweiht. Auf dem Gelände des «Milchsüdi»-Kesselhauses, auf den Liegenschaften des ehemaligen Hotels «Bären» und des Restaurants «Ritter» sowie auf dem Land der Gebrüder Rüttimann ist für 80 Millionen Franken ein «neues Herz für Cham» gebaut worden.
1993 Bei Cham Tourismus macht man sich Gedanken, wie der neue Dorfplatz belebt werden kann. Man entscheidet sich, während der warmen Jahreszeit einen Wochenmarkt durchzuführen. Mit dem Bezug des Neudorfcenters verlagert sich der Schwerpunkt für den Verkauf von Konsumgütern vom Kirchbühl ins Quartier Städtli. Ein Dorfmarkt im westlichen Dorfteil soll dieser Entwicklung entgegenwirken. Hans-Martin Oehri, Geschäftsführer des Lorzensaals und Präsident von Cham Tourismus, übernimmt als Marktchef die Organisation.
Am 1. Mai findet der erste Dorfmarkt auf dem Dorfplatz statt. An zwölf Ständen werden Gemüse, Obst, Pflanzen, Blumen, Brot, Fleisch, Käse, Fisch und Hofprodukte angeboten. In der ersten Marktsaison finden 28 Samstagsmärkte statt. Während des ersten Marktjahrs gibt es 232 Stände, was einem Durchschnitt von 8.29 Ständen pro Marktsamstag entspricht.
Am 8. Dezember findet auf dem Dorfplatz der erste Weihnachtsmarkt mit 60 Ständen statt. [1]
1994 Die Chamer Bäckerei von Rotz präsentiert am Dorfmarkt eine Riesenerdbeertorte. [2]
1998/1999 Nach fünf Jahren des Wachstums muss der Dorfmarkt einen Rückschlag hinnehmen. Es ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Die durchschnittliche Zahl der Stände pro Marktsamstag sinkt auf neun. [3]
ab 2000 Der Abwärtstrend kann gebrochen werden. Von 2000 bis 2012 bieten pro Marktsamstag 11 bis 14 Anbieter ihre Waren feil. [4]
2001 Der Dorfmärt setzt auf zusätzliche Attraktionen. So findet am 5. Mai gleichzeitig mit dem Dorfmarkt ein «Energiemärt» statt. Die Energiekommission ist vom Gemeinderat mit der Umsetzung des Reglements zur Förderung umweltverträglicher Energienutzung betraut worden. Im Zusammenhang mit diesem Förderprogramm zeigt die Energiekommission am Dorfmärt Sonnenkollektoren für Brauchwarmwasserbereitung, Solarzellen zur Stromproduktion, Materialien zur Wärmedämmung, ein Auto mit Hybridantrieb und das Elektroauto (Twike). [5]
2003 Anfang Juli ist der Verein Ludothek Cham am Dorfmärt vertreten und nimmt gut erhaltene alte und auch neue Spielwaren entgegen. Der Verein beabsichtigt, in Cham eine Ludothek zu errichten, obwohl im vorangehenden Jahr eine entsprechende Motion an der Gemeindeversammlung zur Überarbeitung zurückgewiesen worden war. [6]
Ende Juli ist die Sicherheits- und Verkehrsabteilung der Gemeinde zusammen mit der Umweltkommission mit einem Aktionstag zum internationalen Jahr des Wassers am Dorfmärt vertreten. Es werden Führungen in der Kläranlage Schönau und im Kraftwerk Hagendorn angeboten. Das lokale Gewerbe bietet am Dorfmärt wassersparende Gadgets an. [7]
2006 In der neuen Saison wartet der Dorfmarkt mit einer besonderen Attraktion auf: Coiffure Luzia verpasst den Marktbesuchern auf dem Dorfplatz an einigen Samstagen einen neuen Haarschnitt. [8]
Neu verfügt die Marktleitung über ein Office mit warmem und kaltem Wasser. Die Gemeinde stellt dazu die nicht mehr benötigte Telefonkabine vor dem Lorzensaal zur Verfügung. [9]
Vor den Sommerferien zeigt der Pilzverein Cham am Dorfmärt gegen 200 Pilzarten und serviert über 250 Pilzpastetli. Prunkstück der Ausstellung ist eine rund zwei Kilogramm schwere Krause Glucke (auch Fette Henne genannt), die von den Marktgängern bewundert wird. [10]
2007 Nachdem die Zuger Bevölkerung im Februar dem Bau der Umfahrung Cham-Hünenberg (UCH) zugestimmt hat, findet der Dorfmärt für einmal vor dem Neudorfcenter statt. Die Zugerstrasse wird gesperrt. So soll gezeigt werden, wie das verkehrsberuhigte Chamer Zentrum dereinst aussehen könnte. [11]
2008 Am 26. April wird auf dem Dorfmärt zum 10-Jahr-Jubiläum des Mandelhofs, dem Chamer Gemeindehaus, der längste Mandelgipfel der Welt von der Bäckerei Nussbaumer präsentiert. Er ist mehr als 50 Meter lang und wiegt etwa 210 Kilogramm. Die Chamer Bäckerei will damit im Guinness-Buch der Rekorde Einzug halten. Die Kollekte geht an die Stiftung Altersheim Büel und den Verein «Helfen Sie helfen». [12]
Anlässlich des Jubiläumsfests «Cham 1150 Jahre» wird am Dorfmärt der Bärenlauf ins Leben gerufen. Dieser Postenlauf führt an bekannte und weniger bekannte Orte von Cham und schlängelt sich durch das gesamte Gemeindegebiet. Der Bärenlauf etabliert sich etabliert in der Folge als Teil des touristischen Angebots. [13]
Am Dorfmärt am 8. Juli können die Besucher anässlich des «Chamer 1150-Jahr-Jubiläumsfestes» die Prämierung der schönsten Milchkanne miterleben. Von den insgesamt 75 Kannen erhielt die Kanne «Antica Rätica», die im Auftrag des Restaurants «Milchsüdi» von Angela Furrer geschaffen wurde, den ersten Preis. Die Kannen stehen zum Verkauf. [14]
2014 Am 10. Mai wird das «Zuger Hirsebier» am Dorfmärt erstmals ausgeschenkt. Die kurz zuvor gegründete IG Hirse will den einheimischen Hirseanbau und den Vertrieb von Hirseprodukten fördern. Gebraut wird das Bier in der Brauerei Baar. Der namensgebende Bestandteil, die Hirse, stammt aber aus Cham. [15]
2020 Nach Hans-Martin Oehri, Mitinitiant des Dorfmärts und Marktchef seit 1993, übernimmt Sara Hübscher das Zepter für den Dorfmarkt; sie hat 2018 bereits das Präsidium von Cham Tourismus übernommen. [16]
2022 Am 14. Mai werden die 30. Dorfmärt-Saison und 30 Jahre Lorzensaal gefeiert. An gut 25 Ständen gibt es Frisches, Handgemachtes und Köstliches. Das Märt-Beizli der IG Hirse lädt mit Bratkäse und Grill zum Zmittag ein. Beim Kinderschminken und in der Hüpfburg kommen auch kleine Märtbesucher und -besucherinnen auf ihre Kosten.
Auch die Gemeindebibliothek Cham feiert den 30. Geburtstag. Am Chamer Dorfmärt vom 4. September bewirtet das Bibliotheksteam die Besucherinnen und -besucher im «Märtbeizli» mit Kaffee und Kuchen. [17]
Thomas Fähndrich bietet eine Führung zur Geschichte des Dorfmarkts und des Marktgeschehens in Cham an.
Chamer Wochenmarkt früher und heute
Am 26. April 1986 kann Cham den zehntausendsten Einwohner registrieren und wird dadurch gemäss heutiger Definition zur Stadt. [18] Mit St. Andreas war in Cham bereits 1360 erstmals eine Siedlung entstanden, die vom deutschen Kaiser Karl IV. (1316–1378) das Stadtrecht erhielt und für kurze Zeit in Konkurrenz zur Stadt Zug trat. Mit dem Stadtrecht verbunden war ein Marktrecht und das Recht Bürger aufzunehmen. Bald darauf wurde Cham zur Vogtei von Zug und das Marktrecht erlosch. [19] Historisch betrachtet ist das Marktrecht ein wichtiges Privileg einer Stadt. Dieser Umstand mag bewusst oder unbewusst mitgespielt haben, als der neue Wochenmarkt 1993 ins Leben gerufen wurde.
Cham, die am schönsten gelegene Gemeinde im Kanton – der ideale Ort für einen Wochenmarkt!
1859 erschien in der Neuen Zuger Zeitung ein Text eines anonymen Einsenders. Er beschreibt Cham als einen der schönsten Orte im Kanton, wenn nicht sogar in der Schweiz. Durch die schöne Lage und die guten Verkehrsverbindungen erkennt er in Cham den idealen gelegenen Marktort:
«Wenn ich die geographische Lage des schönen Dorfes Cham betrachte, so komme ich jedes Mal auf den gleichen Gedanken, dass dasselbe nicht bloss am schönsten gelegen in unserm Kanton ist, sondern zu den angenehmst gelegenen Ortschaften der Schweiz gezählt werden darf. Betrachtet man den Grund und Boden in Cham und Umgebung genauer, so findet man denselben sehr reich an Humus und mit den schönsten und üppigsten Obstbäumen besetzt, — kurz Land, welches dem fleissigen Oekonom überflüssig genug Produkte zu seiner Existenz hervorbringt. Besichtigt man die sehr schönen Strassen, die von allen Seiten, von Knonau, Steinhausen, Zug, Risch, Reussbrücke. (diejenige von Hünenberg wäre am nothwendigsten) das Dorf Cham durchkreuzen, so muss jedem der Gedanke auftauchen: Cham ist, wie nicht bald eine der grössten Städte, mit freier Bewegung auf schönen Strassen nach allen Seiten begabt. Zugleich darf die Eisenbahn, die jedenfalls noch einen Arm von Cham gegen Knonau erhält, und die Schifffahrt auf dem Zugersee für das Interesse Chams nicht ausser Acht gelassen werden. Nehme ich dieses alles nebst der thätigen Einwohnerschaft von Cham und Umgebung wohl ins Auge, so muss ich auf den Gedanken kommen und gewiss noch mancher mit mir, dass die Einführung eines Wochenmarktes in Cham ganz am Platze wäre, ja zum Bedürfniss werden könnte. Gewiss ist's, dass man Markt halten muss, wo etwas zu verkaufen ist und die Leute, die etwas zu kaufen nothwendig haben, schicklich und wohlfeil zu Markt kommen können. Durch die schönen Strassen, die von allen Seiten nach Cham führen, durch bequeme Zu- und Wegfuhr der Waren vermittelst Eisenbahn und Schifffahrt würde dieser Ort ein sehr geeigneter, gut gelegener Marktort werden.» [20]
Würdigung
Der Chamer Dorfmärt ist zu einer festen Institution geworden. In der warmen Jahreszeit findet er jeden Samstag statt, jeweils vom Wochenende der Umstellung auf die Sommerzeit bis zur Umstellung auf die Winterzeit. Die Zahl der Marktstände hält sich in Grenzen und so ist es leider nicht möglich, alle wichtigen Produkte des täglichen Bedarfs auf dem Markt zu erwerben. Es wäre dem Markt zu wünschen, dass am Samstag mehr Besucherinnen und Besucher den Weg auf den Dorfplatz finden würden. [21]
Ein wichtiger Grund, dass der Markt mittlerweile 30 Jahre besteht, ist die Marktbeiz. Die Verantwortlichen haben schnell erkannt, dass das Marktangebot allein nicht genügt. Jeden Samstag wird die Beiz von einem Chamer Verein, einer Institution oder einer politischen Partei geführt. Oft gibt es auch Livemusik. So ist der Dorfplatz vor dem Lorzensaal am Samstagvormittag ein beliebter Treffpunkt. Meist ist dies der einzige Tag, an dem er belebt ist.
Beim Dorfmärt ist man für vieles offen. Einmal bot ein Stand Bikinis aus Brasilien an, Qualitätspfannen und Sprungfedern die reissenden Absatz fanden.
Die meisten Marktfahrer bieten ihre Waren seit vielen Jahren am Chamer Dorfmärt an. Sie stammen aus der Region – aus Cham, Baar, Risch und dem Knonaueramt, dem Säuli- und Freiamt und der Alp Chieneren in Wiesenberg NW. Von den rund 13 Ständen pro Markttag sind etwa zehn die ganze Saison fix. [22]
Die Standgebühr beträgt seit 1993 genau 15 Franken. Der Chamer Werkhof montiert die Stände und stellt Cham Tourismus dafür Rechnung. [23]
Personen
Einzelnachweise
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022
- ↑ Freundliche Mitteilung von Thomas Gretener, Cham, 09.12.2022
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 01.05.2001
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 03.09.2003
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 18.09.2003
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 21.03.2006
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 18.09.2006
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 28.04.2008
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 29.04.2008
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 08.07.2008
- ↑ Zugerbieter, 10.05.2022
- ↑ Zuger Presse, 14.03.2018. Freundliche Mitteilung von Sara Hübscher, Cham, 21.10.2022
- ↑ Zuger Zeitung, 06.09.2022
- ↑ Zuger Neujahrsblatt, Chronik 27.05.1986
- ↑ Morosoli, Renato, «Cham», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.02.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/000788/2005-02-16/ [Stand: 07.07.2022]
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 24.09.1859
- ↑ Wunsch von Sara Hübscher, Präsidentin von Cham Tourismus und Marktchefin seit 2020, 08.12.2022
- ↑ Zuger Zeitung, 21.03.2006
- ↑ Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 23.04.2022