Lorzenweidstrasse, Turbinenhaus
Die Weberei und Spinnerei in Hagendorn war selber für die Energieerzeugung zuständig. Dazu nutzte sie die Lorze und baute ein eigenes Kraftwerk, das Turbinenhaus. 1888 brannte die Fabrik ab, doch das Kraftwerk blieb bestehen.
Chronologie
1860 Zürcher Industrielle um Felix Robert von Muralt-Locher (1826–1906) gründen die «Gesellschaft zum Betrieb der Baumwollspinnerei Hagendorn». [1] Sie erwerben Land und Wasserrechte. [2]
1862 Innerhalb von zwei Jahren werden Fabrik, Werkstätten, eine Scheune und ein Wohnhaus gebaut. In der gleichen Zeit entsteht das Kraftwerk, welches das Lorzenwasser nutzt. Dazu lassen die Industriellen die Lorze zweiteilen, um mit dem Seitenkanal Gefälle zu gewinnen. Die Maschinenfabrik Escher Wyss & Cie. liefert die ersten zwei Turbinen für das Kraftwerk am neuen Lorzenkanal. [3]
1888 Am 19. August brennt die ganze Fabrik in einer Nacht nieder, 13 Feuerwehrkorps versuchen vergeblich den Brand zu löschen. 360 bis 370 Arbeiter sind auf einen Schlag arbeitslos. «Es war herzzerreissend, diese weinenden Männer, Frauen und Kinder bei den Ruinen ihrer Arbeitsstätte stehen zu sehen.» [4] Bei der anschliessenden Diskussion um den Wiederaufbau zeigt sich immer wieder die Attraktivität der Wasserkraftanlage, für die sich die Papierfabrik Cham sehr interessiert. Andererseits bildet Direktor Jakob Knaus (1830–1907) ein Konsortium, das die Wasserkraft in die Stadt Zug liefern will. [5] Letztlich zerschlagen sich die Hoffnungen auf einen Wiederaufbau der Spinnerei und Weberei.
1889 Papierfabrikant Carl Vogel (1850–1911) kauft die Liegenschaften, den Boden und vor allem die Wasserkraft für insgesamt 260'000 Franken. «Dieser Ankauf war der einzige Weg, um eine Reihe langwieriger und unfruchtbarer Prozesse zu beenden.» Vogel plane «bestenfalls ein Beiwerk der Papierfabrik». [6]
1894 Carl Vogel lässt das Turbinenhaus erneuern (Ass-Nr. 169o). Es lohnt sich, in die Wasserkraft zu investieren. [7]
1912 Nach dem Tod von Carl Vogel geht die Liegenschaft in den Besitz der Papierfabrik Cham über. [8]
1916–1918 Der Chamer Baumeister Wilhelm Hauser (1874–1943) erstellt das heutige Turbinenhaus, einen eingeschossigen Hallenbau mit neobarocken Formen, Walmdach und feingesprossten Stichbogenfenstern. Der Vorgängerbau von 1894 wird abgetragen. Die beiden Francis-Turbinenanlagen stammen von der Maschinenfabrik Bell & Cie. aus Kriens LU. [9]
1978 Die Liegenschaft (neu: Ass.-Nr. 807a) geht an die Industrieholding Cham AG. [10]
2002 Die Papierfabrik Cham verkauft die Wasserkraftanlage an die Wasserwerke Zug AG. [11]
2009/2010 Die Firma Hydro-Solar Engineering AG saniert im Auftrag der WWZ AG die Anlage. Dabei werden im Kraftwerkgebäude die beiden alten Maschinengruppen durch zwei neue Kaplanturbinen ersetzt. Die Energieproduktion steigt deutlich, von 1,7 Millionen auf 2,7 Millionen Kilowattstunden (plus 58 Prozent). [12]
2024 Das Turbinenhaus ist im Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham aufgeführt. [13]
Kennzahlen
Ausbauwassermenge | 12 m3/s |
Bruttofallhöhe bei Qa | 5,92 m |
Turbine | 2 x vertikale 4-flügelige Kaplanturbine |
Fabrikat | Wiegert & Bähr |
Laufrad Ø | 1100 mm |
Drehzahl | 333 Upm |
Leistung (max. a. Generator) | je 350 kW |
Generator | 2 x Synchron |
Fabrikat | Hitzinger |
Generator-Nennleistung | 350 kVA |
Spannung | 400 V |
max. Anlagenleistung | 579 kW |
Jahreserzeugung | 2,7 GWh |
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 273
- ↑ Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
- ↑ Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
- ↑ Zuger Volksblatt, 22.08.1888
- ↑ Zuger Nachrichten, 22.12.1888
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 16.03.1889
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
- ↑ Die erfolgreiche Verjüngungskur für alte Stromerzeuger an der Lorze, in: ZEK Wasserkraft, Juni 2011, S. 22–27
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Grundstücknummer 1784 [Stand: 11.04.2024]