Papierfabrik, Papiermaschine 5, PM 5

Aus Chamapedia

1959 nimmt die Papierfabrik ihre fünfte Papiermaschine in Betrieb, die dem damals neusten technischen Stand entspricht. Sie baut dafür an der Lorze Richtung Hammer eine grosse Maschinenhalle. Das Projekt wird in Rekordzeit umgesetzt. Die PM 5 bleibt bis zum Ende der Papierproduktion in Cham im Jahr 2013 die letzte und damit neuste Papiermaschine der Fabrik.

Chronologie

1957 Im Frühling fällt die Geschäftsleitung der Papierfabrik einen zukunftsweisenden Entscheid. Sie gibt die Erstellung einer neuen Papiermaschine, der PM 5, in Auftrag. Die neue Maschine soll eine eigenständige Papierfabrikation ermöglichen, die weitgehend autonom von den bestehenden vier Maschinen und deren Infrastruktur geschieht. Mit den Ausbauplänen verbunden ist eine Erweiterung des Kesselhauses.

Der Aushub für die neue Fabrikhalle an der Lorze Richtung Hammer beginnt am 12. November. [1]

1958 Im Frühling beginnen die Bauarbeiten für die Halle der Papiermaschine 5. Die Papierfabrik erstellt damit den grössten in einem Zug erstellten Neubau in ihrer Geschichte. Die Baufirmen Locher&Cie AG, Baur&Cie AG, beide aus Zürich, und Reggiori&Co aus Cham realisieren die Fabrikhalle. Mehr als 150 Personen sind an den Bauarbeiten beteiligt, davon ca. 100 sogenannte Gastarbeiter. [2] Das neue Fabrikgebäude ist 164 Meter lang, 27 Meter breit und 16 Meter hoch. [3] Am 9. Oktober trifft das erste und zugleich grösste Element der neuen Papiermaschine in Cham ein, der 70 Tonnen schwere und 4,50 Meter Durchmesser aufweisende Glättezylinder. [4] Er muss wegen seiner Grösse ins Gebäude gebracht werden, bevor es fertiggestellt ist.


1503100 Bau Fabrikhalle PM 5 Zugersee Zeitung 07 08 1959 1.jpg

Die Fabrikhalle der PM 5 ist bald fertig, 1959

1503100 Papieri Transport des Glättzylinders nach Cham.jpg

Der 70 Tonnen schwere und 4,5 Meter hohe Glättzylinder auf dem Transport von Ravensburg nach Cham, kurz vor der Ankunft.


Im Lauf des Jahres treffen weitere Bauteile ein. Die Firma Escher Wyss Maschinenfabrik GmbH, Ravensburg D, liefert diese, insgesamt 56 Wagenladungen. [5] Am 4. November findet das Aufrichtefest statt. Behördenvertreter und die am Bau Beteiligten nehmen daran teil. [6]

1959 In den ersten Tagen des Jahres beginnt die Montage der neuen Maschine. Am 21. Juli, nach nur sechseinhalb Monaten Montagezeit, kann die neue Maschine ihren Betrieb aufnehmen. Sie entspricht dem aktuellen Stand der damaligen Papierproduktion. [7]


1503100 Papieri Maschinenhalle PM 5 1959 erbaut.jpeg

Die 1959 bezogene Maschinenhalle der PM 5

1503100 Papieri die PM 5 in Betrieb 1960.jpg

Die fertige PM 5, 1960

1503100 Papieri Übersicht 1959.jpg

Areal der Papierfabrik Cham mit der neuen Maschinenhalle der PM 5 (am linken Bildrand), 1959


1983 Als Konsequenz der McKinsey-Analyse werden die Papiermaschinen PM 1, PM 2 und PM 3 stillgelegt. Die neue Strategie setzt voll und ganz auf Spezialpapiere. Fortan produzieren nur noch die Papiermaschinen 4 und 5. [8]

2009 Die Firma steckt in der Krise. Weil zu wenig Bestellungen eingehen, stellt die Cham Paper Group die Maschinen der Papierfabrik für zwei Wochen ab, die Belegschaft wird auf Kurzarbeit gesetzt. [9]

2013 Die Cham Paper Group legt 2012 die PM 4 und 2013 PM 5 still und streicht 200 Stellen. Die Produktion von Papier wird in die italienischen Werke verlagert. [10] In Cham werden bis zur endgültigen Schliessung der Fabrik im April 2015 nur noch Papiere veredelt.

Technische Daten

  • Erbauer: Escher Wyss Maschinenfabrik GmbH, Ravensburg D
  • Stuhlungsbreite: 4.50 Meter
  • Länge: 62 Meter
  • Produktionskapazität: 35 bis 45 Tonnen maschinenglattes Papier in 24 Stunden
  • Breite der Papierbahn: 3.20 Meter
  • Elektrischer Antrieb: Brown Boveri & Cie, Baden, rund 180 ganz unterschiedliche Motoren, Gesamtleitung 4'300 PS
  • Wärmerückgewinnungs– und Turbairanlage: Gebrüder Sulzer AG, Winterthur
  • Planung- und Ausführung der Stoffaufbereitung: E. Pflug Cologny GE und E. Egger & Cie AG, Cressier NE
  • Elektrische Verteilung: Carl Maier & Cie, Schaffhausen
  • Länge der Haupt– und Steuerleitungen: ca. 40 Kilometer
  • Krananlage: Ludw. v. Roll'sche Eisenwerke AG, Gerlafingen, Werk Bern
  • Umroller und Rollenschneidmaschine: Maschinenfabrik zum Bruderhaus, Reutlingen DE
  • Am Bau beteiligte Unternehmen aus der Region: ca. 25 [11]


Montage der PM 5


Die neue PM 5


Bilder vom Aufrichtefest, 4. November 1958

Rede zur Inbetriebnahme der PM 5

Zur Inbetriebnahme der neuen Maschine findet eine Feier im Hotel Bären statt, an welcher ca. 130 Personen teilnehmen. Mehrere Redner, darunter Robert Naville, würdigen das Geleistete. Der technische Direktor Emil Honauer spricht über zwei wichtige Themen:

Zur Montage der PM 5:
«Einen wesentlichen Anteil am reibungslosen Ablauf des vielfältigen Montageprogramms haben Leitung und Personal der betriebseigenen technischen Büros und der diesen angeschlossenen Werkstätten. Von Anfang an als Planungs- und Koordinationsstelle eingesetzt, hat das PC–Personal, neben den ordentlichen Unterhaltsarbeiten, beim Ausbau hervorragend mitgewirkt. Die Größe der Aufgabe hat die Leute mitgerissen, und viele zusätzliche Arbeitsstunden wurden so willig und im Interesse des Ganzen geleistet. Die Inbetriebnahme der Papiermaschine und der Vorwerke am 21. Juli 1959, vormittags, erfolgte über Erwarten gut. Nach etwas mehr als einer Stunde war bereits brauchbares Papier fabriziert.»

Zur aktuelle Situation der Papierindustrie:
«In seinen weiteren Ausführungen kam Herr Dir. Honauer auch auf die gegenwärtige Situation der schweizerischen Papierindustrie zu sprechen. Nicht ohne Besorgnis wies er auf die integralen Wirtschaftsbestrebungen in Europa hin. Das Zustandekommen der «Kleinen Freihandelszone» dürfte gerade für unsere Papierindustrie schwere Auswirkungen haben und ihre Existenzgrundlagen beeinträchtigen. Es ist deshalb ein absolutes Gebot, dass die besten fabrikatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, um auch unter wesentlich ungünstigeren Verhältnissen konkurrenzfähig zu sein und den Arbeitsplatz zu wahren. Ein bedeutsamer Markstein auf diesem Weg stellt die soeben erfolgreich in Betrieb genommene Papiermaschine V dar.» [12]


Einzelnachweise

  1. Zugersee Zeitung, 07.08.1959
  2. Zugersee Zeitung, 07.11.1958
  3. Zugersee Zeitung, 07.08.1959
  4. Zugersee Zeitung, 07.11.1958
  5. Zugersee Zeitung, 07.08.1959
  6. Zugersee Zeitung, 07.11.1958
  7. Zugersee Zeitung, 07.08.1959
  8. Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2007, S. 186, 195
  9. Neue Zuger Zeitung, 28.01.2009
  10. Neue Zuger Zeitung, 22.11.2011
  11. Zugersee Zeitung, 07.08.1959
  12. Zugersee Zeitung, 07.08.1959