Papierfabrik, Papiermaschine 2
Die Papiermaschine 2 der Papierfabrik Cham, kurz PM 2, war von 1885 bis 1983 im Einsatz. Sie stellte vor allem Pack- und Spezialpapiere her. Am Schluss war sie mit ihren 98 Dienstjahren die älteste, unter industriellen Bedingungen laufende Papiermaschine ganz Europas.
Chronologie
1875 Die Papiermaschine 2 wird von einem unbekannten Hersteller in Belgien erbaut. Sie steht noch nicht in Cham. [1]
1885 Mit der Installation der Papiermaschine 2 läutet die Papierfabrik Cham eine neue Ära ein. Sie wird mit Transmissionsriemen von der Wasserkraft der Lorze angetrieben. Sie produziert mit einer Arbeitsbreite 185 cm vor allem Packpapiere. [2]
1893 Schon acht Jahre nach dem Einbau in Cham erfährt die PM 2 ihren ersten Umbau, der durch die Maschinenfabrik Reutlingen D bewerkstelligt wird: Dabei bekommt die Maschine eine neue Siebpartie, Pressenpartie und einen neuen Antrieb. Damit kann die PM 2 ihre Produktion um 30 Prozent auf 2100 Tonnen pro Jahr steigern. [3]
1921–1923 Die PM 2 bekommt den zweiten, grösseren Umbau, wiederum dank der Unterstützung der Fachleute aus Reutlingen: Die Siebpartie erfährt einen Umbau, die Trockenpartie wird vergrössert und der gesamte Antrieb wird von der Wasserkraft auf einen Elektromotor der Marke BBC umgestellt. [4]
1926 Schon wieder ein Umbau der PM 2: Sie erhält drei zusätzliche Trockenzylinder der Marke Voith aus Heidenheim, womit die Trockenkapazität erhöht wird. [5] Die Maschine zeigt sich in der Folge extrem flexibel. Sie kann hauchdünne Papiere mit 30g/m² ebenso herstellen wie dicken Karton mit einem Flächengewicht von 400g/m². [6]
1973 Jetzt wird die PM 2 auf weisses, gekrepptes Kaffeefilterpapier eingestellt, das sie fortan produziert. [7]
1983 Aufgrund der Spezialisierungsstrategie legt die Papierfabrik Cham die PM 1, PM 2 und PM 3 still. Am 30. April hat die PM 2 ihren letzten Arbeitstag. «Zum Zeichen der Trauer» stellen die Arbeiter als letztes Produkt 300 Kilogramm brandschwarzes Papier her. Die letzten Maschinenführer waren: Alois Brunner, Willy Huwiler und Ernst Ghirlanda. [8]
Der Abschied
Alex Staub, ein Mitarbeiter der Papierfabrik mit poetischer Ader, verfasste zum Abschied der PM 2 ein Gedicht:
«Nach hundert Jaar Papier härstelle
stosch jetzt als stille Rentner da.
Ich glaub, Du chöntisch viel verzelle –
Häsch schöns erläbt, au Ärger gha.
Tag und nacht händ d’Räder gsurret,
viel Papier häsch fabrikziert;
bisch immer gloffe, nit häsch gmurret
und auch keim d’Närve gschtrapaziert.
De Aatrieb isch ganz eifach gsi.
Neu ei Motor und huufe Rieme,
kei Elektronik hätts derby
kei Lochdetektor duet der diene.
Jo, d’Zyte sind halt anderscht gsii,
wo Du de Hit gsi bisch bi eus.
Hüt luegt demr vorwärts: s’isch verby
– s’muess schnäller gaa, s’bruucht Neus.
Nur eis, das sött mehr nöd vergässe,
au s’neue, das wird einisch alt,
au dem isch de Erfolg bemässe...
wenn’s nüme rendiert ... so isch de halt.»
[9]
Fotogalerie
Filmdokument
Werner Anderegg, Elektromechaniker und während 48 Jahren in der Papieri beschäftigt, erzählt über das langsame Ende der Papiermaschinen 1 bis 5, Gespräch vom 3. November 2021
Einzelnachweise
- ↑ Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2006, S. 41
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 1, 1983, S. 11
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 1, 1983, S. 11
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 1, 1983, S. 11
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 1, 1983, S. 11
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 41
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 41
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 41
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 1, 1983, S. 12