Ritter Heinrich (1878–1949)

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Portrait von Ritter Heinrich (1878–1949)
Portrait von Ritter Heinrich (1878–1949)

Vorname: Heinrich
Nachname: Ritter
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 1878
Geburt­sort: Cham ZG
Todes­datum: 18. Oktober 1949
Todes­ort: Cham ZG
Beruf: Arzt
Amt: Kantonsrat
Religion: römisch-katholisch
Partei: Freisinnig-Demokratische Partei FDP

Heinrich Ritter war ein Chamer Dorfarzt und betrieb seine Praxis zuerst an der Zugerstrasse, ab 1919 an der Luzernerstrasse 11, in der sogenannten «Villa Ritter». Er war als Dorfarzt, Oberstleutnant, mehrfaches Kommissionsmitglied eine prägende Persönlichkeit in Cham.




Stationen

1878 Heinrich Ritter kommt in Cham zur Welt, er entstammt einer alten Chamer Familie im Städtli. Er besucht die Schulen in Cham und die Kantonsschule in Zug. Anschliessend studiert er Medizin an den Universitäten Genf, München und Zürich. Seine Assistenzjahre verbringt er an der Frauenklinik und an der Polyklinik in Zürich. [1]

1895 Ritter ist Gründungsmitglied des Orchestervereins Cham-Hünenberg.

1902 Heinrich Ritter promoviert an der Universität Zürich. Der Titel der Dissertation lautet: «Über das gleichzeitige Vorkommen von Carcinom und Sarcom im Uterus». [2]

1906 Heinrich Ritter eröffnet seine eigene Praxis in der späteren Liegenschaft von Gottfried Schweizer (1879–1957) an der Zugerstrasse.

1909 Dr. Ritter ist einer drei Ärzte im neu eröffneten Chamer «Asyl».

1919 Heinrich Ritter kauft die Liegenschaft an der Luzernerstrasse 11 und verlegt seine Arztpraxis dorthin. Ab diesem Zeitpunkt heisst das Haus «Villa Ritter». [3]

1914 Ritter vertritt die Chamer Liberalen im Kantonsrat (bis 1918). [4]

1920 Ritter übernimmt das Präsidium bei der Zuger Ärztegesellschaft (bis 1926). [5]

1923 Auch die Wahl in die Chamer Schulkommission gelingt.

1927 Ritter fungiert auch als Kantonsarzt (bis 1941). Ihm ist es nicht zuviel: «Eine vornehme Gesinnung, Ritterlichkeit und Güte hatten sein Wirken und ehrliches Streben geadelt.» [6]

1928 Ritter wird zum Präsident der Schulkommission gewählt (bis 1940).

1932 Ritter wird in den Vorstand der Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Zug (GGZ) gewählt.

1933 Dr. Ritter wird leitender Arzt im Chamer «Asyl».

1940 Ritter legt seine Ämter und seinen Beruf nieder. «Rasch zunehmender körperlicher Zerfall zwang ihn, seinen Beruf ein Jahrzehnt zu früh aufzugeben.» [7]

1949 Am 18. Oktober stirbt Heinrich Ritter im Alter von 71 Jahren. [8]


Telefonzentrale

Ab 1925 war bei Doktor Ritter auch die gemeindliche Telefonzentrale domiziliert. Die ersten Telefonanschlüsse in Cham hatten 1894 die Anglo-Swiss Condensed Milk Company («Milchsüdi»), die Papierfabrik und die Untermühle, die Wirte Josef Stuber (1844–1932) vom «Raben» und Xaver Schlumpf (gest. 1897) vom «Bären» sowie die Industriellen Carl Vogel-von Meiss (1850–1911) («Papieri»), Alois Bossard (1841–1912) und David Steven Page (1844–1903), letztere beide von der «Milchsüdi».


Der erste Mordfall von Paul Irniger 1933

Dorfarzt Ritter ist einer der ersten Augenzeugen der ersten von drei Morde von Paul Irniger (1913–1939). Im Wald zwischen Sihlbrugg und Baar wird am 5. Dezember 1933 der Zuger Taxifahrer Werner Kessler erschossen. Die gerichtsärztliche Untersuchung der Leiche durch Heinrich Ritter ergibt, «dass Kessler durch einen Schuss in den Hintertopf getötet worden ist, und zwar während der Fahrt, wobei ihm das Steuer entglitt und der Wagen an einen Wehrstein anprallte, hierauf eine Telefonstange wegriss und sodann über das Strassenbord hinunter kollerte und zertrümmerte. Der im Fond sitzende Insasse muss dabei vermutlich ebenfalls Verletzungen erlitten haben. Ein Loch in der Wagentüre rechts deutet darauf hin, dass vom Mörder noch ein zweiter Schuss abgegeben worden ist.» [9] Irniger wird in Zug am 25. August 1939 als letzter im Kanton Zug und als zweitletzter in der Schweiz mit der Guillotine hingerichtet. [10]


Würdigung

Heinrich Ritter übte als Arzt nicht einfach einen Beruf aus, sondern erblickte darin «eine hohe ethische Mission. Seiner schweren Verantwortung hat er sich mit einer kaum überbietbaren Gewissenhaftigkeit unterzogen, um das Leben der Mitmenschen gerungen, sich bemüht und gequält, der Wissenschaft gedient und nach der Wahrheit gesucht.» [11]


Einzelnachweise

  1. Zuger Volksblatt, 21.10.1949
  2. Zumbach, Ernst, Zuger Ärzte, Apotheker, Zahn- und Tierärzte, Zug 1940, S. 30
  3. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  4. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  5. Vgl. Anmerkung 2 (Zumbach), S. 30
  6. Zuger Nachrichten, 21.10.1949
  7. Zuger Nachrichten, 21.10.1949
  8. Zuger Nachrichten, 21.10.1949
  9. Bote vom Untersee und Rhein, 08.12.1933
  10. Neue Zuger Zeitung, 19.02.2013. Wiederkehr, Ruth et al., Ort der Heilung – Ort der Bildung. Die Geschichte von Walterswil bei Baar, Baar 2022, S. 96f.
  11. Zuger Volksblatt, 21.10.1949