Luzernerstrasse 40, Alter Raben

Aus Chamapedia

Der «Alte Raben», Ansicht von Norden, undatiert (nach 1900)
undatiert (nach 1900)
Der «Alte Raben» an der Luzernerstrasse, Ansicht von Südwesten, undatiert (nach 1900)
Der «Alte Raben», Luzernerstrasse 40, undatiert (nach 1920)
Ansicht von Nordosten, 11.12.1973
Garten der Liegenschaft, 1996
Garten, 1996
Garten, 1996
Ansicht von Westen, 2015
Ansicht von Westen mit Garten, 2017
Ansicht von Norden in Richtung See, 2019

Einst als Gasthaus im späten 18. Jahrhundert am Kirchenplatz erbaut, wird die Liegenschaft im frühen 19. Jahrhundert abgebaut, an die Luzernerstrasse transportiert und seither als Wohnhaus genutzt. Mit der aussergewöhnlichen Geschichte ist der Alte Raben ein architekturgeschichtlich wichtiges und denkmalgeschütztes Bauwerk.


Chronologie

1791 Das Wirtshaus zum «Raben» wird am 27. November ein Raub der Flammen. Der Brand soll aus Unvorsichtigkeit beim Löschen des Feuers nach dem Kochen entstanden sein. [1] Das Gasthaus wird neu aufgebaut. Es stand etwa an der Stelle des heutigen Hauses Merkur. [2]

1815 Michael Stutz (1765–1839) verkauft am 2. November den «Raben» samt Garten, Dörrofen und Waschhaus an den Arzt Alois Baumgartner (1783–1842) aus der Langrüti. [3]

nach 1815 Wahrscheinlich bald nach dem Verkauf wird das Wirtshaus abgebaut, an den heutigen Standort an der Luzernerstrasse transportiert und über einem neuen Kellergeschoss neu errichtet (Ass.-Nr. 9a). Die «Zügelaktion» ist aber bisher in schriftlichen Dokumenten nicht fassbar. Ein Fenster ist mit dem Jahr «1829» datiert. [4] Neben dem Wohnhaus standen auf dem Grundstück ein Waschhaus mit Dörrofen (Ass.-Nr. 9b) und eine Scheune (Ass.-Nr. 9c). [5]

Michael Stutz lässt nach dem Verkauf das neue Gasthaus Raben am heutigen Standort am Rabenplatz erbauen.

1820 Die Kommunikantenzählung zählt im Haus von Dr. Baumgartner drei Kommunikanten.

1842 Dr. med. Alois Baumgartner stirbt am 8. Januar. [6] Das «Haus zum alten Raben» ist bis 1869 weiter auf einen Dr. Alois Baumgartner eingetragen. Wahrscheinlich handelt es sich um Dr. med. Jakob Alois Baumgartner (1819–1869), der ebenfalls in Cham praktizierte. [7]

1870 Die neuen Eigentümerinnen sind die Erben des 1869 verstorbenen Alois Baumgartner [8], nämlich Katharina Josepha Schwerzmann-Baumgartner und Katharina Schneider-Baumgartner. Die Erbengemeinschaft lässt die Liegenschaft «in schönster Lage am Zugersee» versteigern. Das Verkaufsobjekt eigne sich «vorzugsweise für einen jungen Arzt, dem auf Verlangen auch die reichhaltige Apotheke des Defuncten [= des Verstorbenen] billig erlassen würde.» [9]

Aber die Liegenschaft geht an einen Metzger, nämlich Josef Wendelin Fuchs (1823–1879) aus Malters LU. [10] Fuchs arbeitet sicher seit 1860 bei Tierarzt Beat Jakob Hausheer (1804–1881) bei der «Neubrücke» und ist seit 1864 bereits Besitzer der später Laubacher genannten Liegenschaft am Rigiplatz.

Die Scheune wird an Papierfabrikant Heinrich Vogel-Saluzzi (1822–1893) verkauft. [11]

1873 Am 18. August ist nach einem Kauf Dr. Anton Hüsler (1839–1878), Arzt in Cham und Kantonsrat, der neue Eigentümer. [12] Hüsler hatte 1870 Anna Maria Meienberg aus Baar geheiratet. [13]

1878 Nach dem Tod von Anton Hüsler [14] geht die Liegenschaft in den Besitz seiner Erben Johann und Emma Hüsler über. [15]

1880 Die Witwe Anna Maria Hüsler-Meienberg kauft die Liegenschaft. [16]

1891 Noch einmal ist der Alte Raben im Besitz einer Familie Fuchs: Diesmal tritt ein Josef Fuchs als Käufer auf. [17]

1893 Nach zwei Jahren geht die Liegenschaft an Strohhutfabrikant Xaver Milz aus Lindenberg im Allgäu. [18]

1903 Elisabeth Antonia Bossard-Schwerzmann (1848–1912), genannt Elise, die Ehefrau von Alois Bossard-Schwerzmann (1841–1912) und die Schwester von Adelheid Page-Schwerzmann (1853–1925), ist nun die Besitzerin. Die Scheune (Ass.-Nr. 9c) geht in den Besitz von Oberst Richard Vogel (1870–1950) über.

1904 Fast alle Liegenschaften auf dem Grundstück erfahren eine bauliche Veränderung. An der Ostseite des Wohnhauses wird – möglicherweise nach den Ideen von Oberst Richard Vogel – ein Treppenhausanbau aus Fachwerk im Heimatstil erstellt. [19] Ebenso wird das Waschhaus (Ass.-Nr. 9b) saniert. [20]

1907 Oberst Vogel lässt nach seinen Ideen durch den Chamer Baumeister Hans Miesch (1880–1941) aus der Scheune (Ass.-Nr. 9c) das «Bründlerhaus» an der Luzernerstrasse 45 erstellen (Ass.-Nr. 9d, neu Ass.-Nr. 63a). Miesch überstülpt der vorhandenen Scheune einen kleinen, reizvollen Heimatstilbau.

1912 Nach dem Tod von Elise Bossard gehört die Liegenschaft nun ihren Erben. [21]

1921 Am 30. September verkaufen die Erben von Elise Bossard-Schwerzmann die Liegenschaft an Oberst Vogel. [22]

vor 1929 Auf der Liegenschaft wird eine Garage (Ass.-Nr. 9c) gebaut. [23]

1934 Mit Robert Naville-Vogel (1884–1970) ist eine weitere bekannte Chamer Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts im Besitz des «Alten Raben». [24]

1945 Rudolf A. Lustenberger-De Vos, Kaufmann aus Sursee LU, übernimmt einige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Liegenschaft. [25]

1983 Die alte Garage wird abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. [26]

1996 Die Eigentümergemeinschaft Toni und Josef Käppeli, Jakob und Margrit Bieri, Joe und Margrit Ineichen übernimmt die Liegenschaft. [27]

2014/2015 Unter der Leitung der TJK Architekten GmbH Cham (Toni und Josef Käppeli) und in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege erhält die Liegenschaft eine umfassende Aussensanierung. Zudem wird das wertvolle Biedermeierbuffet aus dem frühen 19. Jahrhundert restauriert. [28]

2022 Die Liegenschaft gehört Paula Mata Gonzalez und Simon Roland Minder. [29]

2024 Der Alte Raben ist im Inventar der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham aufgeführt. [30]


Würdigung

«Der transferierte Holzbau entspricht dem im ausgehenden 18. Jahrhundert üblichen Typus des Bauernhauses ohne Lauben. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Ständerbau mit Kantholzfüllungen auf einem annähernd quadratischen Grundriss. Abgeschlossen wird das stattliche Holzhaus mit hochliegendem Knick und Vordachreihen.» [31] Die Fenster im Dachgiebel auf der Südseite mit ihrer feinen Sprossung stammen wahrscheinlich vom Neubau von 1791, die unteren Fenster weisen eine Sechsereinteilung auf. Sie stammen aus dem Jahr 1829. Im Garten befindet sich ein sechseckiger Pavillon mit Blechdach und schmiedeeisernen Ornamenten aus dem späten 19. Jahrhundert. [32]


Bewohner und Bewohnerinnen


Dokumente

Kaufvertrag 1921

Datei-1502100 Luzernerstrasse 40 Alter Raben Kaufvertrag 1921.jpg

Pläne


Karte

Die Karte wird geladen …



Einzelnachweise

  1. Bürgerarchiv Cham, A 1/1492, Notizen von Sigrist und Organist Oswald Villiger zu den Geistlichen und den Häusern von Cham, 1802
  2. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 129
  3. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  4. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 127. Twerenbold, Monika, Cham, Luzernerstrasse 40, Alter Raben (Aussensanierung und Restaurierung Buffet), in: Tugium 32, 2016, S. 55f.
  5. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  6. Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 14.01.1842
  7. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  8. Zuger Volksblatt, 08.01.1870
  9. Amtsblatt für den Kanton Zug, Nr. 14, 09.04.1870
  10. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  11. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  12. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  13. Neue Zuger Zeitung, 19.10.1870
  14. Neue Zuger Zeitung, 02.11.1878
  15. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  16. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  17. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  18. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  19. Vgl. Anmerkung 4 (Twerenbold), S. 55
  20. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  21. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  22. Privatarchiv Simon Roland Minder, Cham. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  23. Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
  24. Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
  25. Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
  26. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  27. Privatarchiv Simon Roland Minder, Cham
  28. Vgl. Anmerkung 4 (Twerenbold), S. 55f.
  29. Grundbuchfläche: 1168 m², Gebäude: 200 m², Strasse und Trottoir: 14 m²; übrige befestigte Fläche: 197 m²; Gartenanlage: 757 m²; www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 68 [Stand: 26.08.2022]
  30. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 68 [Stand: 15.05.2024]
  31. Vgl. Anmerkung 4 (Twerenbold), S. 55
  32. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 130