Kümin Dominik (1848–1901)

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Namens­zusatz: Kaplan
Vorname: Dominik
Nachname: Kümin
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 14. Mai 1848
Todes­datum: 26. Juni 1901
Beruf: Kirchenmusiker
Amt: Kaplan
Religion: römisch-katholisch

Dominik Kümin hat als Kaplan im Kirchbühl nur vier Jahre in Cham gewirkt. In der kurzen Zeit ist es zu vielen Konflikten gekommen. Kümin hat sich als Kirchenmusiker einen Namen gemacht, aber auch als Polemiker in der damals harten Auseinandersetzung zwischen den Liberalen und den Konservativen. Dabei hat er den Bogen sogar für viele Konservative überspannt.




Stationen

1848 Dominik Kümin wird am 14. Mai in Wollerau SZ geboren. [1] Er studiert in St. Maurice VS und am Priesterseminar in Chur. [2]

1871 Nach der Priesterweihe wird Kümin Kaplan in Buochs NW. [3]

1872 Kümin erhält im September die Kaplanei im Kirchbüel. [4]

Bereits im ersten Jahr kommt es zu einem Konflikt mit der Musikgesellschaft Cham. Kümin weigert sich, sich von der Gesellschaft als musikalischer Leiter wählen zu lassen, wie es seine Vorgänger im Kaplanenamt getan haben. Er sieht sich als Kaplan im Kirchbühl als Leiter von Amts wegen. Dies führt dazu, dass die Musikgesellschaft bis zu Kümins Wegzug weder an Gottesdiensten noch an den Prozessionen musiziert. [5]

1873 In der Schweizerischen Lehrerzeitung werden Episoden aus den Religionsstunden von Kaplan Kümin veröffentlicht (vgl. unten). [6] Vielleicht hat ein Schüler Kümins von jemandem den Auftrag bekommen, dessen Lektionen zu protokollieren. Diese Notizen werden der Lehrerzeitung zugespielt.

Kümin, der als Kirchenmusiker auch komponiert, schreibt die Messe «Missa Dixit Maria». Sie dient als festliche Messe an kirchlichen Festen unter der Woche und ist leicht zu singen, so dass sie auch von schwach besetzen Chören aufgeführt werden kann. Johann Gustav Eduard Stehle (1839–1915), Komponist und Maestro Compositore der päpstlichen Akademie in Rom: «Dieses Werk vereinigt zwei Kardinaltugenden in sich: es ist kirchlich sehr würdig und dabei ganz ungewöhnlich leicht. Das sind in Anbetracht unsres bekannten Chorwesens unbezahlbare Eigenschaften. Von allen Seiten ertönt ein Notschrei nach leichter Musik. Hier ist gegeben, was ihr suchet!» [7] Vielleicht hat Kümin diese Messe komponiert, weil sein Chor wegen des Konflikts mit der Musikgesellschaft beträchtlich geschrumpft war: «Sonntag für Sonntag ertönt in der Kirche die monotone Orgel, begleitet von wenigen Sängern und Sängerinnen». [8]

Am 31. August wird Kaplan Kümin in Cham auf dem Heimweg auf offener Strasse angegriffen und misshandelt. Das liberale Zuger Volksblatt bedauert diesen Vorfall und stellt sich gegen solche Angriffe, äussert aber die Hoffnung, dass «dieser Mann Gottes hierdurch zur Einsicht gelange, dass schon beim Jugendunterricht rohe Worte ängstlich zu vermeiden sind.» [9]

Kümin vergleicht in einer Schulstunde im Oktober den Gesang seiner Schüler mit dem Geschrei eines Kalbes. Dieser Vorfall wird im Zuger Volksblatt publik gemacht. Kümin reagiert darauf mit einer «Berichtigung» im Zuger Volksblatt. (vgl. unten) [10]

1874 Die Stimmung zwischen Liberalen und Konservativen ist sehr aufgeheizt. In Cham finden Wahlen zum Amt des Friedensrichters statt. Portiert sind Pfarrer Franz Michael Stadlin (1835–1908) und als Ersatzmann Kaplan Kümin. Als Protest gegen diese Kandidaten geht in Cham ein Wahlzettel ein, der die Namen Papst Pius IX (1792–1878), Bischof Eugène Lachat (1819–1886), Kommissar Melchior Schlumpf (1797–1880) und Dekan Hürlimann trägt. Die Erwähnten sind allesamt sehr konservative Kirchenmänner. [11] Ein Seitenhieb gegen Stadlin und Kümin.

Am 25. Mai findet in Oberrüti AG das Kirchengesangfest statt. Der Vortrag des Chamer Kirchenchors unter Kaplan Kümin wird in der Neuen Zuger Zeitung sehr gelobt. (vgl. unten) [12]


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Einladung zur Cäcilienfeier 1874


Am 26. November findet in der Pfarrkirche St. Jakob die Cäcilienfeier statt. Aufgeführt wird unter anderem das vierstimmige «Agnus» aus der Missa II von Dominik Kümin. [13] Es ist wohl Kümin, der den Chor leitet und die Orgel spielt.

1876 Kümin verlässt Cham und wird Professor am Lehrerseminar in St. Michael in Zug. [14]

1881 Kümin zieht weiter: Er wird Kaplan und Chordirektor in Bischofszell TG. [15]

1885 Dominik Kümin ist als Kaplan und Organist in Sursee LU tätig. Dort gründet er 1886 ebenfalls einen Cäcilienverein. [16]

1887 Kümin wirkt erneut in Bischofszell. [17]

1894 Kümins nächste Station ist die Kaplanei in Benken SG. [18] Dort setzt er sich für den Bau einer neuen Kirchenorgel ein. [19]

1896 Kümin wird Kantor und Kaplan in Beromünster LU. [20]

1897 Er wird Pfarrer in Pfeffikon LU. [21]

1901 Kümin stirbt am 26. Juni kurz nach seinem 53. Geburtstag. [22]


Der Konflikt mit der Musikgesellschaft

In einem Bericht im Zuger Volkblatt wird der Konflikt zwischen der Musikgesellschaft Cham und Kaplan Kümin wie folgt beschrieben:
«Gerade das Verhältniß Kümmi's zur Kirchenmusikgesellschaft ist uns ein untrüglicher fernerer Beleg für seine Arroganz und seinem stolzen Starrsinn. Laut den Gesellschaftsstatuten wählen die Mitglieder ihren Direktor selbst und es war bisher Uebung, daß der jeweilige Kaplan-Organist hiezu ernannt wurde und alle seine Vorgänger ließen sich von der Gesellschaft als deren Direktor förmlich wählen. Siehe bezügliche Protokolle. Nicht so unser Kümmi; er will höher fliegen und pocht auf seinen Pfrundbrief, welcher sage, er sei Direktor eo ipso [= durch sich selbst, sein Amt] und lasse sich nicht wählen. Aber die Gesellschaftsstatuten sind älter als der Pfrundbrief und die Gesellschaft ist unabhängig und dieselbe, einig wie ein Mann, küßt nie die Pantoffeln unseres Stolzkopfes von Kümmi. Durch sein hochfahrendes Wesen hat er es dahin gebracht, daß kein Mitglied der Musikgesellschaft seit bald einem Jahre die Orgelbühne besucht, und Sonntag für Sonntag ertönt in der Kirche die monotone Orgel, begleitet von wenigen Sängern und Sängerinnen und für Viele war es an unsern zwei letzten Kirchenfesten sehr bemühend, daß der Prozessionsgesang nicht wie gewohnt von Musik begleitet war. Aber unser Mann Gottes kehrt sich an nichts, thut keinen Schritt zur Verständigung und verharrt in seinem Starrsinn.» [23]


Das Protokoll von Kümins Religionsunterricht 1873

«Zug. Die Schweizerische Lehrerzeitung bringt folgende Müsterchen religiöser Belehrung aus der Sekundarschule zu Cham:

Den 18. Januar 1873
Kaplan: (Von Luther und Zwingli handelnd) —
«Und wie machen's die jetzigen Irrlehrer ? — Zuerst nannten sie sich «Altkatholiken» und jetzt «liberale Katholiken»; sie sagen, sie wollen die Kirche rein erhalten. Ja das sind die Rechten, die alle Tage wenigstens zwei Räusche haben. — (Lachen der Kinder.)»

Den 22. Februar 1873
Kaplan: «Solche schribed jetzt über Religion, die von der Religion kein Dreck verstöhnd; z.B. was verstohd öppe en Ladegummi vo der Religion, eine wo der ganze Tag nur schribe muß, und wo nüd weiß, als das, was die schlechte Zytige bringet.»

Den 1. März 1873
Kaplan (von der Kommunion redend):
«Wer nur 1mal, 2mal oder 3mal beichtet, ist noch nicht ein guter Katholik, und diejenigen, die nur 1mal kommen, die sogenannten Osterkälber, die machens auch das einzige Mal noch nicht recht.»

Den 4. März 1873
(Vorbereitung auf die Beichte)
Kaplan (von schlechter Gesellschaft und schlechten Schriften redend):
«Namentlich möchte ich euch warnen vor Schiller und Göthe; Göthe ist gar einer, die Franzosen nennen ihn nur die deutsche Sau.» [24]


Die Polemik um Kümins Äusserung, dass seine Schüler wie Kälber schreien statt singen würden, 1873

Am 20. September wird Kümins Kälber-Metapher in einem bissig-ironisch Text im Zuger Volksblatt öffentlich gemacht:
«Am 30. August abhin hat unser Hülfslehrer der Sekundarschule, der bekannte Hr. Kaplan Kümmi in einer zärtlichen Umwandlung seine Schüler in s. v. „Kälber" verwandelt. Es wird nun sowohl für die Lieferung des benöthigten Quantums Milch für diese armen Thierkinder, als auch die erforderlichen Geräthschaften, z.B. Kalberkübel, Kalbermüggi rc. für den S.F. Kalberhirten freie Konkurrenz eröffnet. Offerten, mit K.K.K. 8' bezeichnet, sind dahin zu adressiren, wo sie günstige Aufnahme finden. Cham, den 13. Sept. 1873.» [25]

Am 1. Oktober veröffentlicht die Zeitung eine Stellungnahme Kümins:
«Berichtigung. In der Musica Sacra, Zeitschrift für kathol. Kirchenmusik, 1872, Nr. 12, Seite 100 sagt Hr. Franz Witt: „Tremende (= tremolierende, bebende) Knaben- und Frauenalte nehmen beim „Loslegen" einen Timbre an, den ich immer „das Geschrei des Kalbes" nenne." Den gleichen Fehler des „Loslegens" beim Singen rügend, habe ich am 30. Aug. in der Sekundarschule diese Worte Witt's angeführt. Damit habe ich nach dem Avis in Nr. 76 des „Volksblattes" „meine Schüler in Kälber verwandelt". Ehrliche Leute werden aber aus Obigem ersehen, auf welcher Seite die Zaubergabe der Verwandlungen ist. Aus diesem Avis und früherem Zeitungslärm (wobei man besonders von Anstandsgefühl und Rücksicht auf edle Bildung der Jugend sich leiten ließ!) zu schließen, wäre es übrigens besser, der Avismacher hätte für sich und Andere etwa Einen gesucht, der ihnen den Weg zur Sekundarschulkommission von Cham-Hünenberg zeigte, damit sie dort ihre Klagen sammt Beweisen anbringen könnten, wenn es ihnen allenfalls nicht um bloßen Skandal zu thun wäre. Cham, den 29. Sept. 1873. Dom. Kümin, Kaplan.» [26]


Kritik zum Auftritt des Chamer Kirchenchors in Oberrüti, 1874

«Sangen schon die Sektionen von Oberrüti und Dietwyl recht ordentlich, so befriedigten die zwei Vorträge (Kyrie und Gloria der Messe „Dixit Maria" von Hasler) des Chores von Cham so ziemlich vollständig. Diese zwei Theile der dynamisch und harmonisch gewiß nicht leichten Komposition wurden unter der Direktion des hochw. Hrn. Kaplan Kümin mit einer an Vollendung grenzenden Reinheit und Bestimmtheit vorgetragen. Wohlklang und Geschmeidigkeit der Stimmen, verbunden mit jener Sicherheit in Takt und Rhythmus, machten es diesen Sängern möglich, auf alle Schattirungen dieser Tonstücke einzugehen und sich möglichst der Idee des Komponisten anzupassen. Wenn wir bedenken, daß besagter Chor in dieser Zusammensetzung noch gar nicht lange besteht und erst in der Entwicklung begriffen ist, so ist solches ein Beweis mehr für die allseitige Tüchtigkeit der Direktion.» [27]


Würdigung

In der Schweizerischen Kirchenzeitung wird Kümin wie folgt gewürdigt:
«Mit ihm steigt ein seeleneifriger Priester und ganz vorzüglicher Kirchenmusiker ins Grab. Sein rasches Temperament und sein lebendiges Interesse für die Wahrheit brachten ihm selbst viel Kreuz und Ungelegenheiten.» [28]

Kümins Zeit in Cham war sehr konfliktbeladen. Er scheint sogar für viele Konservative den Bogen überspannt zu haben. Bereits ein Jahr nach seinem Amtsantritt schreibt ein Chamer:
«Zum Schlusse nur noch die Bemerkung, daß es für unsere Kirchgemeinde und auch für unsern Hrn. Kaplan besser wäre, wenn er nach der evangelischen Weisung den Staub von seinen Füßen schütteln und weiter ziehen würde — welchen Wunsch selbst schon hoch konservative Häupter ausgesprochen haben — denn sein Wirken kann in keiner Beziehung hin hier ersprießlich mehr sein.» [29]


Einzelnachweise

  1. Iten, Albert, Tugium Sacrum. Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952, Stans 1952, S. 511. Schweizerische Kirchenzeitung, Fachzeitschrift für Theologie und Seelsorge, Nr. 26, 1901, S. 255
  2. Schweizerische Kirchenzeitung, Fachzeitschrift für Theologie und Seelsorge, Nr. 26, 1901, S. 255
  3. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 511
  4. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/420, Kaplaneipfrund Cham, 10.09.1872
  5. Zuger Volksblatt, 26.07.1873
  6. St. Galler Zeitung, 19.16.1873
  7. Neue Zuger Zeitung, 14.05.1873
  8. Zuger Volksblatt, 26.07.1873
  9. Zuger Volksblatt, 17.09.1873
  10. Zuger Volksblatt, 01.10.1873
  11. Neue Zuger Zeitung, 07.02.1874
  12. Neue Zuger Zeitung, 06.06.1874
  13. Neue Zuger Zeitung, 25.11.1874
  14. Schweizerische Kirchenzeitung, Fachzeitschrift für Theologie und Seelsorge, Nr. 26, 1901, S. 255
  15. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  16. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  17. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  18. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  19. St. Galler Volksblatt, 03.10.1896
  20. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  21. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  22. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 255
  23. Zuger Volksblatt, 26.07.1873
  24. St. Galler Zeitung, 19.06.1873
  25. Zuger Volksblatt, 20.09.1873
  26. Zuger Volksblatt, 01.10.1873
  27. Neue Zuger Zeitung, 06.06.1874
  28. Schweizerische Kirchenzeitung, Fachzeitschrift für Theologie und Seelsorge, Nr. 26, 1901, S. 255
  29. Zuger Volksblatt, 26.07.1873