Vogel-Saluzzi Heinrich (1822–1893)
Heinrich Vogel-Saluzzi war ein Eisenwarenhändler aus Zürich, der von seinem Vater die Chamer Hammerschmiede übernahm. Er kaufte die angrenzende Papierfabrik Cham und entwickelte diese zu einem industriellen Betrieb. Zudem war er ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber, baute den Musterbauernhof Hammer auf und war einer der Promotoren der Eisenbahn im Kanton Zug.
Stationen
1822 Heinrich Vogel kommt am 1. März als Kind von Johann Jakob (1783–1841) und Maria Ursula Vogel-Nötzli (1785–1869) in Zürich zur Welt. Sein Vater betreibt in Zürich die Eisenwarenhandlung zum «Schwarzen Horn». [1]
1825 Heinrichs Vater Johann Jakob Vogel übernimmt aus einem Konkurs die Hammerschmiede in Cham. Von da an lebt die Familie abwechslungsweise in Zürich und in Cham. In Zürich betreibt sein Vater den Eisenwaren-Verkaufshandlung und in Cham den Produktionsbetrieb, die Hammerschmiede im Hammer. [2]
um 1840 Nach Ausbildungen in Paris kommt der junge Vogel nach England. Dort sieht er, wie weit die Industrialisierung dort bereits fortgeschritten ist. [3]
1841 Heinrich, erst 19-jährig, übernimmt nach dem Ableben seines Vaters die väterlichen Geschäfte in Zürich und Cham, inklusive den Liegenschaften. [4]
1845 Vogel bestreitet in England auch Pferderennen (zum Beispiel in Wolverhampton) und lernt die englische Pferdezucht kennen und schätzen. Daraufhin importiert er als Erster englische Pferde in die Schweiz. Mit Abt Heinrich Schmid (1801–1874) von Einsiedeln plant und realisiert er eine grosse «Veredelung schweizerischer Pferderassen». [5]
1847 Im Alter von 25 Jahren zieht Heinrich Vogel in den Krieg. Er kämpft im Sonderbundskrieg als Artillerieleutnant auf der Seite der eidgenössischen Truppen unter General Guillaume Henri Dufour (1787–1875). [6]
1849 Heinrich Vogel heiratet Carolina Saluzzi (1825–1902), die Tochter des Bergamasker Seidenindustriellen Otto Saluzzi. Das Ehepaar hat sechs Kinder: Alice Maria Octavia (1849–1876), Carl (1850–1911), Johann Jakob Otto (1852–1919), Max Peter Heinrich (1854–1919), Heinrich Robert Thomas (1863–1888) und Richard (1870–1950). [7]
1852–1854 Vogel baut das Hammergut, den musterhaften Bauernhof an der Sinserstrasse mit Bauernhaus und Stallungen. Das Hammergut besticht als Ensemble durch seine gestalterische Einheitlichkeit. Hier züchtet Heinrich Vogel seine edlen Pferde, hält Nutztiere und lässt Obst- und Gemüsegärten anlegen. Auf dem grossen Anwesen entsteht nach und nach ein Herrschaftshaus. [8]
1855 Vogel-Saluzzi wird zum Major im eidgenössischen Artilleriestab ernannt. [9]
1856 Vogels landwirtschaftliches Wissen ist gross und wird wertgeschätzt, so dass er am 9. Mai vom Bunderat als schweizerischer «Kommissär für Landwirtschaft» an die Weltausstellung in Paris ernannt wird. [10]
Heinrich Vogel ist Mitglied des zugerischen Eisenbahnkomitees, das eine Erschliessung des Kantons Zug durch die Eisenbahn vorantreibt.
1857 Das Gründungskomitee der neuen landwirtschaftlichen Anstalt in Zürich wählt H. Vogel-Saluzzi, Gutsbesitzer in Cham, in den Verwaltungsrat. [11]
1861 Vogel-Saluzzi erwirbt aus einem Konkurs die benachbarte Papierfabrik Cham. Und er investiert kräftig. Es ist nichts weniger als ein unternehmerischer Geniestreich: Aus der gewerblichen Papiermühle wird eine moderne Papierfabrik: Vogel-Saluzzi schafft den industriellen Take-off. [12]
1865 Heinrich Vogel wird Kirchenrat der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde des Kantons Zug. [13]
1875 Nachdem der konservative Ortsbürgerblock im Einwohnerrat bei der Güterteilung in einer konzertierten Aktion das «Neuhaus» der Bürgergemeinde zugeschanzt hat, protestiert Heinrich Vogel-Saluzzi mit Mitunterzeichnern im Namen einer grösseren Anzahl Niedergelassener gegen diesen Entscheid. [14] Er richtet auch eine Beschwerde an den Bundesrat und rekurriert beim Zuger Regierungsrat. [15]
1881 Vogels Papierfabrik schliesst einen Lizenzvertrag mit dem deutschen Chemiker Alexander Mitscherlich (1836–1918) ab. Damit kann die Chamer «Papieri» als erster Betrieb der Schweiz im Sulfitverfahren selber Zellulose aus Holz herstellen. [16] Sein Versuch, dieses Verfahren für die Schweiz zu monopolisieren, misslingt allerdings. [17]
1884 Heinrich Vogel-Saluzzi überlässt den Landsitz Hammer seinem Sohn Carl, der auch die Leitung der Papierfabrik übernimmt. [18]
1893 Heinrich Vogel-Saluzzi stirbt am 16. Januar in Zürich. [19]
Vogel Saluzzis Bericht über die Viehzucht in der Schweiz
Der Bericht des eidg. Abgeordneten der landwirtschaftlichen Ausstellung in Paris im Jahr 1856, Hrn. Vogel-Saluzzi in Cham, erscheint 1957 gedruckt. Die Presse zitiert aus diesem Bericht.
«Das schweiz. Rindvieh behauptete nach dem einstimmigen Urtheil der Jury seinen Rang neben den mächtigsten und reichsten Ländern der Erde. Unter diesem Rindvieh aber zeichnete sich vorzüglich die Berner und Schwyzer Raße aus, zu welch letzterer auch einige schöne Exemplare aus dem Kanton Zug gehörten. Nichts desto weniger werden im Bericht über das schweiz. Rindvieh (und namentlich auch über einige Exemplare der Schwyzer Raße) Bemerkungen gemacht, die eine größere Sorgfalt für die Rindviehzucht als nicht überflüssig erscheinen läßt.» [20]
«Die 15te Kategorie, welche für Aussteller aus Ob- und Nidwalden und Oberhasli bestimmt war, vereinigte 10 Bullen und 18 Kühe, welche mit Ausnahme zweier Stücke, die von einem Waadtländer in diese Kategorie eingetragen wurden, ausschliesslich diesen Landestheilen angehörten. Auch in dieser Abtheilung waren viele Stücke ausgestellt, deren Auswahl nicht gerechtfertigt werden kann; ich glaube zwar, dass z.B. die Kühe in Bezug auf Milchreichthum nichts zu wünschen übrig liessen, um so mehr aber in Bezug auf Körperformen, deren Mangelhaftigkeit bei männlichen und weiblichen Thieren wiederum fehlerhafte Begriffe über das, was in gegenwärtiger Zeit preiswürdiges Vieh genannt wird, zur Schau trug. Ich weiss, dass z.B. Unterwalden sehr werthvolle Kühe besitzt, die unter dem Namen von Schwyzerkühen den Weg auf ausländische Märkte finden und theuer bezahlt werden, allein von diesen waren keine ausgestellt worden. Ich hoffe, dass diese Aussteller durch eine zweckmässige Auswahl ihren bewährten Viehstämmen künftiges Jahr mehr Geltung verschaffen und sich dadurch, dass ihr Vieh in der Körperschwere gegen manch' anderes zurücksteht, von der Konkurrenz nicht abschrecken lassen werden, indem unter Umständen Frankreich mit diesen Racen besser gedient wäre, als mit überaus schweren Kühen.» [21]
Würdigung
Heinrich Vogel-Saluzzi trug stets einen schwarzen Zylinder und einen etwas struppigen Bart. Er war ein wichtiger Industriepionier des Kantons Zug und insbesondere von Cham. Das Spezielle an seinem vielfältigen Wirken war seine Verbindung von Landwirtschaft und Industrie. Das liberale «Zuger Volksblatt» schrieb: «Seine Verdienste um Hebung der Industrie im Kanton Zug sichern ihm einen Ehrenplatz unter den zugerischen Industriellen.» Er habe «hunderten und hunderten von Arbeitern Verdienst und eine sichere Existenz verschafft». [22]
Einzelnachweise
- ↑ Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2006, S. 28
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 55
- ↑ Zurfluh, Christoph, Hammer. Von der «Chupferstrecki» bis zur «Ära Lüdi» 2014, Cham 2014, S. 67
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28, 55
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28. Arnet, Edwin / Stadlin, Paul, Die Geschichte der Papierfabrik Cham, in: Festgabe Robert Naville zum 60. Geburtstag, Cham 1944, S. 158
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28
- ↑ Vgl. Anmerkung 3 (Zurfluh), S. 215. Vgl. Anmerkung 5 (Arnet / Stadlin), S. 160
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 155
- ↑ Vgl. Anmerkung 5 (Arnet / Stadlin), S. 160
- ↑ Eidgenössische Zeitung, 13.05.1856
- ↑ Eidgenössische Zeitung, 27.05.1857
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.02.2024]. Morosoli, Renato, «Vogel-Saluzzi, Heinrich», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/030893/2011-12-02/ [Stand: 28.02.2019]
- ↑ Einwohnergemeindearchiv Cham, C1-50001, Protokoll des Einwohnerrats, 20.03.1875
- ↑ Typoskript freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Historiker Daniel Schläppi, Bern. Er erforscht die Güteraufteilung in allen Gemeinden im Kanton Zug im Rahmen des Forschungsauftrags 2023/2024 des Staatsarchivs Zug. Sein Artikel «Eine Gefährde des Bürgereigentums und die Quelle vielen Haders. Die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug 1874–1886» erscheint im November 2024 im Tugium 40/2024
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28
- ↑ Morosoli, Renato, «Vogel-Saluzzi, Heinrich», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/030893/2011-12-02/ [Stand: 28.02.2019]
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 36
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 36
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 07.03.1857
- ↑ Nidwaldner-Wochenblatt, 14.03.1857
- ↑ Zuger Volksblatt, 19.01.1893