Villette 2, Gärtnerhaus
Als Schmuckelement in Richtung Dorf steht das Gärtnerhaus der Villette quasi als gestalterisch auftrumpfender Vorposten: Es ist äusserst reichhaltig verziert mit vielfältigen Architekturzitaten aus aller Welt. Gestaltet hat das Gebäude der in Paris lebende Architekt Max Peter Heinrich Vogel im Jahr 1878.
Chronologie
1878/1879 Nach Plänen des Architekten Max Peter Heinrich Vogel (1854–1919), der in Paris lebt, entsteht das originelle Gärtnerhaus der Villette. Es liegt nördlich der Bahnlinie. [1] Beim Gebäude kommen diverse Stile zusammen: Vertreten sind der Schweizerhausstil, nordfranzösische Fachwerkbauweise, orientalisch wirkende Holzgitter, Giebelzier in der Art von nordischen Stabkirchen, fernöstliche Gestaltungselemente und so weiter. [2]
Das Ganze gestaltet Vogel äusserst farbig, hier zeigt sich deutlich des Architekten Handschrift, der auch als Kunstmaler tätig war: Das Rot der Backsteine schafft einen Kontrast zum Gelb der Brüstungen, Verbretterungen und Ornamente sowie dem Dunkelblau an den Balken und in den Vertiefungen der Kerbschnitzereien. 1879 ist das Haus fertig erstellt. Es «dürfte in seiner besonderen Art für Aufsehen im damals noch sehr ländlichen Cham gesorgt haben.» [3] Im ersten Stock des Gärtnerhauses befindet sich die Wohnung des Villette-Gärtners, die über eine geschwungene Aussentreppe erreicht wird. [4]
1986 Die Einwohnergemeinde kauft das Gärtnerhaus im Hinblick auf die Erweiterung des Friedhofs. [5] Die Gärtnerei der Gemeinde wird dort untergebracht.
1994 Die Gemeindeversammlung von Cham stimmt der Restaurierung des Gärtnerhauses zu. Der Gesamtkredit beträgt 1,68 Millionen Franken. [6]
1995 Die Restaurierungsarbeiten sind abgeschlossen. Am 10. Juni kann die Bevölkerung von Cham an einem Tag der offenen Türe das Haus und die Gärtnerei von innen ansehen. Die Gärtnerei zieht jährlich über 45'000 Pflanzen und viele Schnittblumen. [7]
2024 Die Liegenschaft ist im Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham enthalten. [8]
Kunsthistorische Würdigung
«Der überreiche Schmuck ist nicht nur vom Zweck des Gebäudes her, sondern auch aus seiner Funktion als Schmuckelement an der Parkzufahrt zu verstehen.» [9] Architekt Vogel entwarf «ein extravagantes, exquisites Haus, in dem er alle möglichen Baumaterialien mit verschiedenen Mauer- und Zimmertechniken und zahlreichen Stilzitaten kombinierte.» [10]
Der Architekt
Max Peter Heinrich Vogel (1854–1919), genannt Max, war der zweite Sohn und das vierte Kind von Carolina und Heinrich Vogel-Saluzzi (1822–1893). Er wuchs in Cham als Sohn des Papierfabrikanten auf. Doch sein älterer Bruder Carl (1850–1911) übernahm und führte die Papierfabrik, Max ging nach Paris und wirkte dort als Architekt und Kunstmaler. Den Auftrag für die Gestaltung des Gärtnerhauses bekam er von Heinrich Schulthess-von Meiss (1813–1898), übrigens genau in dem Jahr, als sein Bruder Carl Anna Vogel-von Meiss (1858–1942) – die Nichte von Schulthess heiratete – vielleicht hatten sich Bauherr und Architekt an der Hochzeit getroffen? Vogel blieb kinderlos und starb 1919 in der psychiatrischen Klinik von Königsfelden AG. [11]
Die Originalpläne von 1878/1879
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 150
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 152
- ↑ Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2006, S. 52
- ↑ Zuger Zeitung, 14.02.2018
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 150
- ↑ Horat, Heinz, Das Gärtnerhaus im Park der Villa Villette in Cham, in: Tugium 12, 1996, S. 128
- ↑ Vgl. Anmerkung 6 (Horat), S. 128
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 103 [Stand: 15.05.2024]
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 151
- ↑ Vgl. Anmerkung 6 (Horat), S. 126–129
- ↑ Vgl. Anmerkung 3 (van Orsouw), S. 52