Gretener Alois (1803–1889)
Alois Gretener stammte vom Bauernhof Spiess im Städtli und war ein streitbarer Chamer Politiker der Liberlalen/Radikalen: Er wirkte als Kantonsrat, Oberrichter, Vizegemeindepräsident und Regierungsrat.
Stationen
1803 Alois Gretener kommt am 28. November zur Welt. [1] Er ist eines von 14 Kindern von Maria Anna und Alois Gretener-Grob. Seine Eltern führen den Bauernhof Spiess im Ortsteil Städtli. [2] Seine drei Schwestern werden Ordensfrauen. Christina (Klostername Sr. M. Vinzentia) (1820–1862) ist eine der beiden Gründerinnen des Benediktinerinnenklosters Maria Rickenbach in Niederrickenbach NW. Eine Schwester tritt als Sr. Antonia in das Benediktinerinnenkloster in der Au bei Einsiedeln SZ ein. Seine Brüder Karl (1809–1881), Heinrich (1810–1838) und Mathias (1818–1898) nehmen in Cham wie er bedeutende Stellungen als Gemeinderäte, Gemeindeschreiber und Richter ein und mischen auch in der kantonalen Politik mit. [3]
1845 Als die Spannungen zwischen den Liberalen/Radikalen und den Konservativen steigen, beschliesst der Zuger Kantonsrat sich auf einen allfälligen Krieg vorzubereiten. Cham und Hünenberg leisten der Aufforderung der Standeskommission, das Landsturmwaffenverzeichnis aufzunehmen, keine Folge. Der liberale Vizepräsident Gretener von Cham kritisiert in scharfen Worten die getroffenen Massregeln und das Treiben gewisser Menschen im Kanton und. Einzelne Kriegstreiber - Gretener nennt sie «Jesuitenknechte» - würden sich anmassen im Namen des Volkes die Organisation des Landsturmes zu verlangen. [4]
1847 Wenige Monate vor dem Ausbruch des Sonderbundskriegs präsentiert Landammann Konrad Bossard (1802–1859) an der Kantonsratssitzung vom 28. Juni der Versammlung den vom Kriegsrat gefassten Beschluss zur sofortigen Anschaffung von Munition. Vizeprasident Gretener von Cham stellt den Antrag, von diesen Anschaffungen abzusehen, dieser wird mit 5 gegen 3 Stimmen abgelehnt. [5]
Im August publiziert die konservative «Neue Zuger Zeitung» eine Polemik gegen Gretener. Sie kritisiert scharf, dass er mit anderen Chamern und einigen Hünenbergern an einem Schiessen in Knonau ZH teilgenommen hat: «Nur glauben wir, Klugheit, Pflicht und Ehre gebiete, selbst wenn man anderer politischer Meinung ist, bei öffentlichen Anlässen, in andern Kantonen nicht in einer Weise aufzutreten, wodurch man mit der Regierung und dem Volke seines Heimathkantons und andern mitverbündeten Kantonen arges Spiel treibt. Glaube Hr. Gretener nur, daß unser Volk weniger bethört und fanatisirt ist, als die, wenn auch von einem andern Geiste beseelten sog. Freisinnigen in Cham und Hünenberg. Es ist sehr zu bedauern, ja zu mißbilligen, daß sogar ein Hr. Kantonsrath soweit sich vorgiebt, und in öffentlicher Rede, in einem andern, politisch uns entgegengesetzten Kanton einem Schutzbündnisse das Dasein jedes rechtlich haltbaren Grundes abspricht, zu welchem die große Mehrheit der Regierung und des Volkes mit Ueberzeugung steht, und welchem gerade nur der Fanatismus der Radikalen den Stab bricht.» [6]
Am 13. Oktober beschliesst der Landrat, dass der Kanton Zug aus dem Sonderbund austreten würde, wenn man die Jesuitenfrage fallen lasse, und gemäß dem Bundesvertrag von 185 die Souveränitäts- und Repräsentationsrechte der einzelnen Kantone anerkenne. Nach der Abstimmung verliest Vizepräsident Gretener eine Protestnote, und spricht von Bundesrebellion und Aufruhr. Gretener und ein paar andere geben zu Protokoll, dass sie mit der von der Mehrheit gefassten Instruktionserteilung nicht einverstanden seien. [7]
Alois Gretener amtet in der kurzen Übergangszeit zwischen Sonderbundskrieg (November 1847) und neuer Kantonsverfassung (1848) als Zuger Regierungsrat. [8] Er lebt mit seiner Familie auf dem Bauernhof Mugeren im Städtli. Verheiratet ist er mit Katharina (1802–1872), eine geborene Meier. [9]
1848 Gretener wird Mitglied des neu konstituierten Kantonsparlaments, bis 1873 Grossrat genannt. [10] Gretener gelangt auch in das Obergericht des Kantons Zug. Fortan wird er in Abgrenzung zu den vielen anderen Greteners aus Cham und Hünenberg «Oberrichter Gretener» genannt. Er bleibt in diesem Amt bis 1870. [11]
1851 Als es darum geht, die Umrechungssätze zwischen den alten Währungen und dem neue entstandenen Schweizer Franken festzulegen, bringt Vizepräsident Gretener im Grossen Rat eine Motion zum Münzreduktionsgesetz ein. Er beruft sich auf eine Berechnung, die ihm zugespielt wurde, hatte diese aber nicht nachgerechnet. Gretener wird deswegen zur Zielscheibe der konservativen Presse. [12]
1855 In Folge dieser Motion und der Bemerkungen des Hrn. Landammann Hegglin, Vizepräsident Gretener und Staatsanwalt Schön wird der h. Negierungörath vom Gr. Rath eingeladen, ein derartiges Gesetz ausarbelten zu lassen und Bericht und Antrag an den Gr. Rath zu bringen.
1889 Alois Gretener stirbt am 15. Februar im Alter von 85 Jahren. [13]
Gretener will seinen Sohn in eine liberale Schule schicken
Gretener wollte wohl ein Zeichen setzen und platzierte seinen Sohn zur Ausbildung ohne Wissen seiner Frau im Pestalozzi–Institut im Stift Olsberg im Kanton Aargau. Offensichtlich fühlte sich sein Sohn dort nicht wohl. Die Schweizerische Kirchenzeitung zerpflückt diesen Fall in einem Artikel von 1846 genüsslich:
«Nachdem der Gemeinderath von Baar gut befunden, das Anerbieten, einen Waisenknaben in das Pestalozzi-Institut zu schicken, abzulehnen, wußte der schon öfters genannte Geistliche, welcher treue Dienste für dieses neue Institut geleistet, den Vizepräsident Gretener von Cham zu übereden, daß er seinen Knaben dorthin schicke, was unschwer gelang. Als der Knabe den Taufschein beim Pfarrer holte, sagte er, er gehe in das Institut ins Aargau, wo Hr. Bossard von Baar Professor werde. Um Einsprache von Seite der Mutter zu verhüten, benützte Gretener zur Abreise mit dem Knaben den Moment, da die Frau eine Wallfahrt antrat. Nachdem also Gretener seinen Knaben im neuen Institut untergebracht hatte, setzte er seine Reise noch weiter fort und kehrte dann nochmals ins Institut zurück, um sich vom Wohlbefinden seines Sohnes zu überzeugen. Als der Knabe seinen Vater wieder sah, jammerte er bitterlich, es sei im Haus keine Ordnung, es werde kein Wort gebetet, er müßte sterben, wenn er da bleiben müßte, und Hr. Gretener sah sich genöthigt, seinen Sohn wieder nach Hause zu nehmen. Als die Mutter von der Wallfahrt heimkehrte, erzählte ihr der Sohn, was geschehen. Man kann sichs denken, wie die Mutter Gott gedankt habe, daß er ihr Gebet erhört und ihr Herzenleid von ihr genommen. Nachher soll ohne Erfolg der Versuch gemacht worden sein, einen andern Knaben aus dieser Gemeinde ins Pestalozzi-Institut zu bringen; vielleicht gelangt das Anerbieten zuletzt noch an die Stadtgemeinde Zug, welche gegenwärtig von sehr unerbaulichen Kulturstücken erfüllt ist, die nicht geringes Aufsehen machen, und nicht geeignet wären, den Glauben an die Gerechtigkeit der Regierung zu erhalten, wenn der Parteimantel das wüste Stück in seine Falten nehmen könnte.» [14]
Schützentreffen der Liberalen in Hünenberg 1847
«Der 22. August wird den Liberalen Zugs ein unvergeßlicher Tag bleiben — nicht minder aber wird er den starren Lenkern unserer Politik den Liberalen Zugs ein unvergeßlicher Tag bleiben — nicht minder aber wird er den starren Lenkern unserer Politik, und den Eiferern allen für den Sonderbund im mißbeliebigen Andenken bleiben. - An diesem Tage nämlich zogen zirka 400 Männer aus den Gemeinden Zug, Aegeri und Cham, vom Raben in Cham, dem gemeinschaftlichen Sammelplatze, mit klingendem Spiel und wehender „eidgenössischer“ Fahne der freundlichen Wart in Hünenberg zu, wohin ein kleiner Kirchweihschießen die Schützen und Schützenfreunde freundschaftlich gerufen hatte. Erhebend war der lange Zug, dem noch mehr denn zweihundert andere Kantonsbürger in Hünenberg entgegenharrten, auf dem schmalen Steig den herrlichen Matten entlang. Die Bedeutung dieses außerordentlichen Besuchs braucht keiner Auseinandersetzung. - Hünenberg ist wohl bekannt bei allen Liberalen in und außer dem Lande. — Auf dem Schießplatze angelangt eröffnete Hr. Landrath Apotheker Wyß von Zug, Namens der Schützen von Zug, Aegeri und Cham den freundeidgenösstschen Gruß. Lautlos und unbeweglich, trotz dem in diesem Augenblick niederströmenden Regen, vor dem die Wenigsten geschützt waren, hörte die Menge den warmen, vaterländischen Worten ihres Sprechers. Es war ein allgemeines, wohlbewußtes Gefühl, daß dieser Moment mehr sei, als nur ein gewohnter Schützengruß. Dieses Gefühl ward auch gehoben durch die Hindeutung auf die vaterländische Fahne, der heutigen Fest- und Vereinsfahne, und der unerschrockenen Hervorhebung des Geistes der außerordentlichen Zusammenkunft. Kräftig und in eben dem Sinne antwortete Hr. Baumgartner, Sprecher von Hünenberg. An dem hieran folgenden freundschaftlichen Tranke im Schützenhaussaale, der leider lang nicht alle fassen konnte, floßen Toast über Toast. Mit stürmischem Applaus wurde den beliebtesten Rednern, wie Kantonsrichter Keiser, Ferdinand Keiser, Vizepräsident Gretener, Vizepräsident Hengeler, Statthalter Hegetschweiler, gerufen. Die meisten athmeten eidgennössischen Sinn, eidgenössisches Streben. Während aber schon der Redefluß begeisterte, krachten unten die Mörser, und die Schützengesellschaften von Mühlau, der liberalen Gemeinde des freien Amtes, und der treuen und wackern Nachbarn des Bezirks Affoltern rückten mit ihren Fahnen ein. Alles wurde Ein Leben - nicht die mindeste Störung trübte das herrliche Fest. Viel zu früh kam die Trennung. — Zum Abschied sprach Hr. Kantonsrichier Keiser ausgezeichnete unvergeßliche Worte. Mit fließender Beredtsamkeit sammelte er die Ergebnisse des heutigen Tages, sie praktisch von den Gefühlen dem Verstande einprägend. Seid einig, rief er den Liberalen Zugs zu, einig in Behauptung Eurer angeerbten Rechte, die Euch weder Landammann noch Kantonsrath nehmen kann; haltet streng an der gesetzlichen Bahn; niemand kann Euch im Gebrauche der gesetzlichen Mittel zu unserm Ziele, der freien Rede, der Presse und der Petition hindern. Haltet treu an der Eidgenossenschaft, — wir wollen keine Zentralität, wir kennen unsere Rechte, wir werden nöthigenfalls noch dafür einstehen aber wir wollen den Fortschritt, die freie Entwicklung Aller, der Kantone wie des Kantons. Früher oder später wird aus diesem Wege die jetzige Minderheit bei uns sicher zur Mehrheit werden. — Und der Tag sank -- herzliche Lebewohl tönten rund herum, und jubelnd zogen alle Schützen ihren Heimathgemeinden zu, das Land erfüllend von dem, was sie gesehen, gehört und gelobt, zur Freude der Eingenössischen und zum großen unverdeckten Aerger aller Unkeidgenössischen.» [15]
Einzelnachweise
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Zuger Volksblatt, 11.10.1898
- ↑ Degler-Spengler, Brigitte, St. Anna in Steinerberg, Filiale des Klosters Maria Rickenbach, und ihre Gründerin Vinzentia Gretener, in: Der Geschichtsfreund 162, 2009, S. 216
- ↑ Neue Zürcher Zeitung, 13.02.1845
- ↑ Neue Zürcher Zeitung, 4.07.1847
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 14.08.1847
- ↑ Zürcherische Freitagszeitung, 22.10.1847
- ↑ Eidgenössische Zeitung, 07.12.1847
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 13.04.1872
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 29.11.1851
- ↑ Zuger Volksblatt, 20.02.1889
- ↑ Schweizerische Kirchen-Zeitung, Band 15 (1846), S. 382
- ↑ Berner Zeitung, 30.08.1847