Adelheid-Page-Strasse 8
Das markante Bauernhaus mit Trotte direkt an der Eisenbahnbrücke stammt aus dem 17. Jahrhundert. Früher hiess die Liegenschaft «Meinau». Stilistisch zeigt die Liegenschaft interessante Einflüsse von zwei Seiten.
Chronologie
1693 Ein Balken beim Hauseingang trägt die Jahreszahl 1693. Damit kann man davon ausgehen, dass der Ursprungsbau an dieser Stelle aus diesem Jahr stammt. [1] Damals führt eine der Hauptverkehrsachsen über die heutige Adelheid-Page-Strasse, nämlich die Verbindung Zug–Cham–Knonaueramt–Zürich.
ca. 1770–ca. 1800 Der heutige Bau wird im späten 18. Jahrhundert auf bestehenden Grundmauern neu erstellt: gegen Süden als Blockbau, gegen Nord als Fachwerkbau. [2] Diese stilistische Mischbauweise ist interessant: Der Riegelbau ist im Knonaueramt verbreitet, während Blockbauten eher im Voralpengebiet anzusiedeln sind. [3]
ca. 1800–ca. 1850 Die Liegenschaft gehört verschiedenen Vertretern der Familie Hess, u.a. Kirchmeier Michael Hess. Dazu gehören ein Wohnhaus (Ass.-Nr. 25a), eine Trotte mit Schweinestall (Ass.-Nr. 25b), ein Dörrofen und Waschhaus (Ass.-Nr. 25c) und eine Scheune (Ass.-Nr. 25d). [4]
ca. 1850 Das Wohnhaus erhält einen Anbau für das Treppenhaus sowie eine Befensterung mit Einzelöffnungen. [5]
1862/1863 Die Liegenschaft ist im Besitz von Landwirt und Kaufmann Hugo Grimmer (1827–1908) aus Freiburg im Breisgau D. [6]
1863/1864 Die Schweizerische Nordostbahn NOB bringt den Bau der Bahnlinie Zug–Luzern zum Abschluss. Dies hat tiefgreifende Folgen: Die Bahngeleise beanspruchen den südlich gelegenen Teil der Ursprungsparzelle. Das Gebäude steht nun direkt am bahnbedingten Geländeeinschnitt und an der neuen Eisenbahnbrücke. [7]
1889 Die alte Scheune wird abgetragen und durch einen Neubau (Ass.-Nr. 25e) ersetzt. [8]
1906 Die Liegenschaft geht am 21. August an Hugo Grimmers Sohn, Landwirt Walter Grimmer (1862–1936), über. [9]
1917 Die Nestlé & Anglo-Swiss Condensed Milk Company kauft am 5. Februar das Gebäude. [10]
1946 Landwirt Klemenz Holzgang kauft das Bauernhaus mit der Trotte am 28. Februar von der Nestlé. [11]
1965 Ein Brandstifter stellt brennbares Material unter das Vordach von Holzgangs Scheune und entflammt es. Die ganze Fahrhabe verbrennt, nur das Vieh kann rechtzeitig ins Freie geführt werden. Mit der Überführung des Täters kann eine ganze Serie von Brandstiftungen geklärt werden. [12]
1969 Nach dem Tod von Holzgang übernimmt die Erbengemeinschaft die Liegenschaft. [13]
1981/1982 Das Bauernhaus wird unter kantonalen Denkmalschutz gestellt und aussen restauriert. [14]
2020 Die Liegenschaften Adelheid-Page-Strasse 8 und 10 sind im Besitz von Maria Theresia Brunner aus Männedorf ZH. [15]
2024 Die Liegenschaft ist im Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham eingetragen. [16]
Würdigung
Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug schreibt über das Haus: «Als Teil des spätmittelalterlichen „Städtli“ kommt dem Wohnbau mit der zugehörigen ehemaligen Trotte und seinem nach Süden orientierten Gartenumschwung ein sehr hoher heimatkundlicher Wert zu, (...) Ein sehr hoher wissenschaftlicher und architekturhistorischer Wert liegt zudem in der Mischbauweise des Haupthauses, die in der geographischen Lage zwischen dem Riegelbaugebiet des Knonaueramtes und dem voralpinen Blockbaugebiet in der Bauzeit typisch ist.» [17]
Die Mainau von Cham
Spätestens ab 1864 bewohnt Landwirt Hugo Grimmer die heutige Liegenschaft Adelheid-Page-Strasse 8. Grimmer stammt aus dem Badischen, kommt 1853 als politischer Flüchtling nach Cham. [18] Seine Liegenschaft nennt er «Meinau», in Anlehnung an die Insel Mainau im Bodensee. Hugos Sohn, der Landwirt Walter Grimmer (1862–1936), lebt bis etwa 1916 in der «Meinau». Die Lage nahe am Zugersee ist für ihn ideal. Grimmer ist ein leidenschaftlicher Sammler von prähistorischen Fundgegenständen und begeisterter Pfahlbauforscher. [19]
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 117
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 117
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Datenblatt zur Bestandesaufnahme historischer Bauten im Kanton Zug, Adelheid-Page-Strasse 8 [Stand: 20.05.2020]
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 117
- ↑ Einwohnergemeindearchiv Cham, D0-50001, Assekuranzregister (1. Generation). Gemäss Assekuranzregister geschah der Kauf bereits 1862. vgl. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 16.07.1864
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
- ↑ Freiburger Nachrichten, 29.04.1965
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
- ↑ Grünenfelder, Josef, Amt für Denkmalpflege, Tätigkeitsbericht 1974–1983, in: Tugium 1, 1985, S. 19. Horat, Heinz, Adelheid-Page-Strasse 8, Trottengebäude, in: Tugium 17, 2001, S. 19f. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Datenblatt zur Bestandesaufnahme historischer Bauten im Kanton Zug, Adelheid-Page-Strasse 8 [Stand: 20.05.2020]
- ↑ www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 274; Grundbuchfläche: 306 m², Gebäude: 104 m², übrige befestigte Fläche: 1 m², Gartenanlage: 201 m² [Stand: 20.05.2020]
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 274 [Stand: 15.05.2024]
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Datenblatt zur Bestandesaufnahme historischer Bauten im Kanton Zug, Adelheid-Page-Strasse 8 [Stand: 20.05.2020]
- ↑ Zuger Volksblatt, 26.12.1908
- ↑ Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 3, S. 286f. Hochuli, Stefan, «Ächt keltische Töpferwaare und Celtensteine». 150 Jahre Pfahlbauforschung im Kanton Zug, in: Tugium 25, 2009, S. 77–110, insbesondere S. 84–87