Villiger Fidel (1829–1899)
Fidel Villiger war ein Chamer Lehrer, Mühlenteilhaber und Kaufmann, zudem war er Hauptmann, Richter und Bürgerrat.
Stationen
1829 Am 9. August kommt Fidel Villiger in Cham zur Welt. Er ist der älteste Sohn von Mathias Villiger, dem Sigristen, der durch seine historischen Aufzeichnungen lokale Berühmtheit erlangte. Fidel sollte Geistlicher werden und bekommt dementsprechende Ausbildung an der Klosterschule Einsiedeln und im Jesuitenkollegium in Schwyz. [1]
1847 Das Jesuitenkollegium verlässt Fidel Villiger just an jenem Tag, als die eidgenössischen Truppen anlässlich des Sonderbundskriegs in die Urkantone einmarschieren und die Jesuiten nach Italien fliehen. Villiger wird aber nicht Geistlicher, sondern Lehrer. [2]
1849 Der zugerische Erziehungsrat ruft eine Patentprüfung für Lehrpersonen ins Leben. Nur wer sie besteht, kann an einer öffentlichen Schule wirken. Bei der Lehrerprüfung vom 17. Oktober erhält von den Chamer Kandidaten nur ein einziger das Lehrpatent. Unter den Bewerbern sind Thomas Bütler, Lehrer an der Unterschule, und Fidel Villiger, der sich seit längerem um einen Posten in der Schulgemeinde bemühte. Bütler wird durch den aus dem thurgauischen Balterswil gebürtigen, bisher an der Privatschule im Städtli tätigen Lehrer Joseph Schneider ersetzt, der im Patentexamen als einziger das Prädikat «lehrtüchtig» erzielt hat. [3]
1854 Villiger übernimmt die Stelle als Unterlehrer an in Cham. Seine Schulstube ist damals ein einfaches Zimmer im «Roten Bären» an der Obermühlestrasse direkt an der Lorze. Er verdient 300 Franken im Jahr, 1855 wird sein Lohn auf 350 Franken erhöht, kurz darauf auf 400 Franken. [4]
1859 Bei der öffentlichen Versteigerung der Liegenschaften von Grossrat L. Suter sel. in Cham erteilt auf frankierte Anfragen Herr Fidel Villiger, Lehrer, nähere Auskünfte. [5]
Villiger verzichtet auf seine Lehrstelle, einerseits wegen ungenügender Kenntnis des Lehrfachs, [6] anderseits weil er eine Anstellung in der Mühle seines Bruders annehmen kann und dort Teilhaber wird. [7]
1866 Fidel Villiger ist ein Freisinniger und wird als Vertreter der Freisinnigen Suppleant des Kantonsgerichts. [8]
1868 Im Statuten-Entwurf der Chamer Lesegesellschaft, die den Mitgliedern eine Anzahl von Zeitschriften und periodischen Publikationen zur Lektüre zur Verfügung stellen will, ist Fürsprech Fidel Villiger der erster Präsident verzeichnet. [9]
1869 Seine Militärkarriere kommt voran: Fidel Villiger wird zum Oberleutnant der Infanterie befördert. Später wird er Hauptmann. [10]
1872 Villiger wird als Suppleant des Kantonsgerichts nicht wiedergewählt; er unterliegt mit 17 gegen 42 Stimmen. [11]
1874 Villiger engagiert sich auch in der Gemeinde: Er wird Bürgerrat und ist als solcher Armen- und Schulpfleger. [12] Von seinen politischen Gegnern wird ihm «Vergewaltigung der Wahrheit» vorgeworfen [13], dagegen wird er von seinen Parteifreunden gelobt: «In allen diesen Beamtungen zeichnete er sich durch unparteiisches Urteil und gründliches Studium der Geschäfte aus.» [14]
1878 Weil sich die Mühle seines Bruders nicht wunschgemäss entwickelt, verkauft Fidel Villiger seine Anteile und nimmt eine Stelle bei der prosperierenden Anglo-Swiss Condensed Milk Company an. Er arbeitet dort in der Verwaltung. In seiner knapp bemessenen Freizeit führt er die Arbeit seines Vaters weiter, in dem die Stammbäume von Chamer und Hünenberger Bürgergeschlechtern fortschreibt. Zudem ist er Mitglied des Kirchenorchesters und des Kirchenchors Cham-Hünenberg. [15]
Fidel Villiger verkauft ein «am westlichen Ende des Dorfes Cham, Kanton Zug, in reizendster Lage gelegenes Heimwesen, zu welchem namentlich gehören:
a. Zwei solid gebaute und komfortabel eingerichtete Wohnbäuser, assekurirt für Fr. 33 000, mit schönen Gartenanlagen und prachtvollen Baumgruppen.
b. Eine bequeme Scheune.
c. Circa 2 ½ Hektaren fruchtbares , mit Obstbäumen wohl bestelltes Wiesland.
d. Circa 18 Aren Weinreben.
Diese Liegenschaften, welche sich ganz für einen Herrschaftssitz eignen, sind zusammenhängend auf dem höchsten Punkte Cham's gelegen und gewähren eine wunderschöne Aussicht auf den See und die Gebirgswelt. Kauflustige belieben sich zu wenden an den Eigenthümer Fidel Villiger.»
[16]
Todesanzeige für Fidel Villiger, Zuger Volksblatt, 14.12.1899
1899
Fidel Villiger stirbt «nach längerem, schweren Leiden» am 13. Dezember im Alter von 70 Jahren. [17]
Polemik gegen Fidel Villiger
Unmittelbar vor den Wahlen in den Kantonsrat 1877 erscheint in der Zuger Zeitung eine Polemik, in welcher den Liberalen vorgeworfen wird, Unwahrheiten zu verbreiten und einen unfairen Wahlkampf zu betreiben. Als einziger Liberaler mit Namen genannt wird Fidel Villiger:
«Cham. (Korresp.) Wollen Ihnen nur kurz melden, daß daselbst zu Ehren der im Amte suspendirten Kantonsräthe wacker darauf los getrölt (=um eine Stellung, für eine Person oder Sache werben) wird. Ein niedergelassener Liberaler hat selbst gestanden, daß dies Geschäft in einer Art und Weise betrieben werde, daß sich die Betreffenden „geniren" sollten; anderswo ginge solches nicht an. Die Schäden und Blößen liberaler Koriphäen, welche in jüngster Zeit nicht nur hier, sondern auch in weitern Kreisen Aufsehen und Unwillen erregt haben, werden nicht blos frech weggeläuguet, sondern im Gegentheil daraus ein Vorwurf für die Gegenpartei gemacht. Um Beweise kümmert sich Niemand. Selbst Aussätzige zeigen sich dem Volke, um dasselbe glauben zu machen, daß sie rein seien. Sehr sonderbar nimmt sich dabei das Benehmen eines entfrackten Kantonsrathes aus, der auf der einen Seite das gläubige Volk von der Makellosigkeit seines groß gewachsenen Schooskindes überzeugt, bei Andern dann aber ersucht, allen Einfluß geltend zu machen, damit dieser Getreue nicht dem Strafrichter überantwortet werde. Damit noch nicht genug. Die Kandidaten der Gegenpartei werden auf's Schändlichste verdächtigt und ihnen Sachen unterschoben, die allen Grundes entbehren. Die sieben fetten Jahre sind ganz sicher im Anzug, wenn nebst unserm Einsichtigen auch Fidel Villiger und Consorten definitiv auf den Rathssessel erhoben werden, und Steuern braucht nachher Niemand mehr zu bezahlen. Wer sollte nun, bei dieser Sachlage, am Siege der Liberalen noch zweifeln? Aber so viel ist sicher, daß sich eine solche Vergewaltigung der Wahrheit früher oder später einmal rächen muß.» [18]
Einzelnachweise
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 189
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899; Invernizzi, Johannes / Baur Martin, Hundert Jahre Schwestern-Institut Heiligkreuz Cham, Cham 1962, S. 40
- ↑ Eidgenössische Zeitung, 18.10.1859
- ↑ Invernizzi, Johannes / Baur Martin, Hundert Jahre Schwestern-Institut Heiligkreuz Cham, Cham 1962, S. 40
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 247
- ↑ Staatsarchiv Zug, F 1.23.342, Brevetierungen bei der Landwehr
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 12.06.1872
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 12.05.1877
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Der Bund, 31.05.1878
- ↑ Zuger Volksblatt, 14.12.1899
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 12. Mai 1877