Tobelbach

Aus Chamapedia

Der Tobelbach quert die Landschaft bei Niederwil nach Rumentikon, im Hintergrund das Schützenhaus Niederwil


Ausschnitt aus der Siegfried-Karte, 1887: Der Verlauf des Tobelbachs von Bibersee bis nach Hagendorn
Vor der Verbauung tritt der Tobelbach immer wieder über die Ufer und überschwemmt das Land bei Niederwil
Mit der Verbauung wird der Tobelbach tiefergelegt. Er fliesst aber kerzengerade und wenig natürlich durch die Landschaft

Wiesenbach mit einem Gesamtgefälle von rund 30 Höhenmetern. Bis ins 20. Jahrhundert liegt das Quellgebiet im Erliried in der Gemeinde Steinhausen. Der Oberlauf vom Erliried gegen Bibersee heisst früher Biberseegraben; der Abschnitt von Bibersee bis Niederwil wird im 17. und 18. Jahrhundert auch Biberloner-, Bibersee-, See- oder Wilerbach genannt. Seinen heutigen Namen erhält der Bach von der bewaldeten Runse am Unterlauf bei Rumentikon, wo er am Hof Tobel vorbei steiler zur Lorze hin abfällt. Von 1942 bis 1946 wird der Bach am Ober- und am Mittellauf hart verbaut. 2014/2015 renaturieren spezialisierte Baufirmen im Rahmen einer ersten Kampagne im Auftrag des Kantons Zug einzelne Bachabschnitte.


Chronologie

1636 Der Oberlauf erscheint in den Schriftquellen als Biberseegraben (bis Bibersee) beziehungsweise als Biberseebach (von Bibersee bis Oberwil). [1]

1651 Der Oberlauf erscheint in den Schriftquellen als Seebach. [2]

1667 Auf der Landkarte des Zürcher Kartografen Hans Konrad Gyger (1599–1674) ist der Bachverlauf vom Bibersee bis nach Niederwil eingezeichnet.

1689 Der Oberlauf erscheint in den Schriftquellen als Wilerbach («an den weÿleren bach»). [3]

1715 Der Oberlauf erscheint in den Schriftquellen als Biberlonerbach. [4]

1770/1773 Auf der Vogteienkarte von Franz Fidel Landtwing (1714–1782) und Jakob Joseph Clausner (1744–1797), der ersten exakt gezeichneten Karte mit Teilen des Kantons Zug, ist der heutige Tobelbach als «See bächlein» eingetragen. Der ehemalige Oberlauf gegen Steinhausen ist mit «Biberseegraben» beschriftet.

1865 Mit der Abtragung der Moräne gegen Oberwil wird der vom Tobelbach durchflossene Bibersee trockengelegt. Doch die Trockenlegung schafft neue Probleme: Regelmässig tritt der Tobelbach nach starken Regenfällen aus seinem zu kleinen Bett und überschwemmt die angrenzenden Landwirtschafts- und Wohngebiete. [5]

1887 Im Topografischen Atlas von Hermann Siegfried (1819–1879) ist der ursprüngliche Verlauf des Baches vom Quellgebiet im Erliried über Bibersee, Oberwil, Niederwil hinunter nach Rumentikon gut erkennbar.

1893 Schreinermeister Josef Baumgartner-Wiss (1838–1910) investiert in die Wasserkraft und legt im bewaldeten Runse im Unterlauf des Bachs einen Stauweiher an. Er nutzt mit einem Wasserrad oder einer Turbine das Wasser des Tobelbachs für seinen Schreinereibetrieb in Hagendorn.

1942 bis 1946 Bei der Melioration der Riedgebiete mit Drainageröhren zwischen Bibersee, Oberwil und dem Hof Dürrbach wird auch der Tobelbach begradigt und tiefer gelegt. Die Bachsohle wird mit Zementplatten ausgelegt. Während fast sieben Jahrzehnten fliesst der Bach zwischen Bibersee und Rumentikon durch diesen Hartverbau. [6]

2014 Wie im kantonalen Richtplan von 2004 vorgesehen, will die Baudirektion des Kantons Zug den Tobelbach in zwei Etappen ökologisch aufwerten. Die Biodiversität im Gebiet soll gesteigert und für die Bevölkerung attraktive Zugänge zum Naturraum geschaffen werden. Zwischen der Autobahn A4 und Rumentikon entfernen spezialisierte Bauunternehmen die alten Betonelemente und gestalten ein natürliches, vielfältig strukturiertes Bachbett. Im obersten Abschnitt westlich des Weilers Bibersee wird der Bach zu einem kleinen See von ca. 5000 m² aufgeweitet und so der im 19. Jahrhundert verlandete Bibersee wieder neu geschaffen. Auch der von Süden her zufliessende Dürrbach wird im Unterlauf ausgedolt und so die ökologische Vernetzung im Gebiet gestärkt. [7]

2015 Im August endet die knapp 20 Monate dauernde erste Renaturierungsetappe. Das Projekt kostet 8.5 Millionen Franken. Davon übernimmt der Bund 3.7 Millionen Franken. Der Abschnitt vom Durchlass bei der Knonauerstrasse in Oberwil bis zur Schützenstube Niederwil soll 2019/2020 revitalisiert werden. [8]

2019 Die Artenvielfalt entlang des Tobelbachs profitiert von der Renaturierung. So kehrt auch der Biber (lat. castor fiber) in das Gebiet zurück.


Der Kelte vom Tobelbach

Im September 1943 stossen Arbeiter bei der Tieferlegung des Tobelbachs unmittelbar an der Strasse von Niederwil nach Rumentikon auf einen menschlichen Schädel und weitere Knochen. Da Grabbeigaben fehlen, kann die Lebenszeit des Mannes zunächst nicht eruiert werden. Erst im 21. Jahrhundert wird das Alter der Knochen mit der Radiokarbonmethode bestimmt: Der Chamer (?) Ureinwohner lebte vor etwa 2500 Jahren in der Eisenzeit, im Zeitalter der Kelten.

Der Mann war 165 Zentimeter gross (damals eine mittelgrosse Erscheinung), durchtrainiert mit auffälligen Abnützungsspuren an den Zähnen und zum Todeszeitpunkt zwischen 50 und 60 Jahren alt – gemessen an der damaligen Lebenserwartung ein «Greis». Offenbar wurden bei den Kelten nicht alle Menschen in einem Grab bestattet, sondern vermutlich einfach verscharrt oder auf freiem Feld den Wildtieren überlassen. [9]


Fotogalerie


Filmdokument

Renaturierung von Bibersee, Tobelbach und Dürrbach 2014/2015 – Auswirkungen 2020

Nach dem gelungenen Renaturierungsprojekt erobern schon nach einigen Jahren kleine und grosse Tiere wie der Biber ihre einstige Heimat zurück ...


Aktueller Kartenausschnitt

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Einzelnachweise

  1. Bürgerarchiv Zug, A 5.26.2, Urbar Cham, fol. 57v, 60r. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 1, S. 192f. Bd. 4, S. 300. Bd. 5, S. 44, 218
  2. Bürgerarchiv Zug, A 30.4.0, Urbar Kaplanei St. Andreas Cham, unpaginiert
  3. Staatsarchiv Zug, Hypothekenbuch, Bd. 29, S. 7
  4. Staatsarchiv Zug, Hypothekenbuch, Bd. 30, fol. 44r
  5. Gattiker, Werner et al., Mauritius, Milch & Münsterkäse. 100 Jahre Milchgenossenschaft Niederwil-Cham, Schwyz 2013, S. 55
  6. Vgl. Anmerkung 5 (Gattiker et al.), S. 56
  7. Medienmitteilung der Baudirektion des Kantons Zug, 20.01.2014. Georg, Andreas et al., Aufwertung der Chamer Landschaft, Zehn Jahre «Lebensraum Landschaft Cham», Cham 2017, S. 40–43
  8. Medienmitteilung der Baudirektion des Kantons Zug, 24.08.2015
  9. Vgl. Anmerkung 5 (Gattiker et al.), S. 24f.