Pavag AG

Aus Chamapedia

Inserat mit einer klaren Botschaft, 1934
Inserat in der Schweizer Bauzeitung, 1928
Der passende Ständer zum Papiersack, Inserat, 1964
Werbung für Abfallsäcke aus Papier und Plastik, 1977

Die Pavag AG ist eine Tochterfirma der Papierfabrik Cham, die 1926 gegründet wird. Sie spezialisiert sich auf die Herstellung von Säcken aus Kraftpapier. 1948 zügelt der Betrieb in einen Neubau nach Nebikon, gehört aber bis 1984 zur Papierfabrik Cham.


Chronologie

1926 Die Papierfabrik Cham gründet als Tochterfirma die Pavag AG. Sie soll Säcke auf Kraftpapier herstellen. Zuerst werden die grossen Säcke aus grobem Formatpapier mit Messer, Leim und Pinsel hergestellt. Scherzeshalber meinen die Sackmacher jeweils: «Gott gebe, dass es kleibe!» [1]

1927 Um die Säcke rationell herstellen zu können, richtet die Papierfabrik für die Pavag eine eigene Fabrik für Grosspapiersäcke ein. Es ist die erste dieser Art in der ganzen Schweiz! Sie befindet sich nicht auf dem Areal der Papierfabrik, sondern ist bei der Milchsüdi zwischen Zugerstrasse und Lorze untergebracht. Die Aufgabenteilung ist so geregelt: Die Papierfabrik Cham AG ist für die Produktion der Säcke zuständig, die Pavag AG für den Verkauf und Vertrieb.

Nach Versuchen mit Lumpen und Hanf setzt sich eine Natron-Kraft-Zellulose-Mischung als Rohstoff durch, die am besten reissfeste Papiere garantiert. Die Papiersäcke aus Cham werden rasch zum Erfolgsprodukt. Denn für stiebende Produkte wie Mehl, Kalk oder Zement sind die gebräuchlichen Jutesäcke komplett ungeeignet. [2] Als Verwaltungspräsident der Pavag ist Robert Naville-Vogel (1884–1970), der Chef der Papierfabrik.

1930 Die Stückzahlen der Pavag-Säcke vervielfachen sich innert kurzer Zeit. Produzierte sie 1926 noch 20'000 Säcke, sind es jetzt bereits 7 Millionen Säcke, welche das Werk pro Jahr verlassen. [3] Dazu produziert die Papierfabrik Cham 1,6 Tonnen Sackpapier. [4]

1942 Die Nachfrage nach Papiersäcken steigt und steigt. Obwohl die Zahl der hergestellten Säcke nicht überliefert ist, kann man aufgrund der produzierten 5,4 Tonnen Sackpapier erahnen, dass die Stückzahlen weiter in die Höhe geschnellt sind. [5]

1948 Die Pavag braucht mehr Platz. Sie erstellt einen Neubau in Nebikon LU und zügelt im Folgejahr dorthin. Die Papierfabrik Cham bleibt die Besitzerin, stellt aber nicht mehr die ganzen Säcke, sondern nur noch das Sackpapier her. Schon in den 1950er-Jahren produziert die Pavag Plastiksäcke in Kombination mit Spezialpapieren. [6]

1949 Robert Naville-Vogel, der Leiter der Papierfabrik, setzt seinen Vertrauten Albert Schlatter (1887–1962) als Verwaltungsratspräsidenten der Pavag ein. Schlatter bleibt bis 1962 in diesem Amt. [7]


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Der Papiersack, der in den meisten Haushaltungen der Schweiz verwendet wurde: der Pavag-Sack, hergestellt aus Chamer Papier.


1972 Technologisch beginnt eine neue Ära, in dem die Pavag mit einem der modernsten Folienwerke der Schweiz Plastiksäcke herstellt. [8]

1974 Die Pavag stellte den ersten wasserfesten Kehrichtsack vor, den «Pavaproof». [9]

1984 Weil die Plastikfolien zunehmend wichtig werden und weil die Papierfabrik ihre Maschinen umstellt, sinkt das Interesse an der Tochterfirma Pavag. Die Papierfabrik Cham verkauft den Betrieb der Roxxo Holding AG von Stephan Schmidheiny (*1947). [10]


Würdigung

Der Pavag-Sack war während Jahrzehnten in der Schweiz der Abfallsack schlechthin. Die Säcke der Pavag waren integrierte Bestandteile des Schweizer Alltags. Dass diese in der Papierfabrik Cham ihren Anfang nahmen, ist vielen nicht mehr bewusst.


Weiterbestand

Die Pavag AG hatte ab 1984 verschiedene Besitzer. 2001 ging die Firma konkurs. Im gleichen Jahr ergab sich die Neugründung als Pavag Folien AG, die sich seither erfolgreich am Markt behauptet. Informationen dazu: www.pavag.ch


Filmdokumente

1968 entbrannte eine Kontroverse um die Verwendung des neuen Pavag-Kehrsichtsacks: Der gute alte blecherne Abfallkübel «Patent Ochsner» bekam Konkurrenz. War der Kübel voll, verwendeten die Hausfrauen den Pavag-Kehrichtsack aus reissfestem Papier, der aber nicht in allen Gemeinden erlaubt war. (Beitrag der «Antenne» vom 11.01.1968, ab Minute 11:47)


Armin Werder absolvierte von 1973 bis 1977 in der Papierfabrik eine Lehre als Chemielaborant. Er berichtet über die Tests mit Abfallsäcken aus Papier.


Einzelnachweise

  1. Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2007, S. 108
  2. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108
  3. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108
  4. Arnet, Edwin / Stadlin, Paul, Die Geschichte der Papierfabrik Cham, Cham 1944, S. 113
  5. Vgl. Anmerkung 5 (Arnet / Stadlin), S. 113
  6. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108
  7. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108
  8. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108
  9. SVEA-Nachrichten, Bd. 55, Nr. 41, 20.11.1974
  10. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 108