Mussmann-Wangler Walter (1925–2014)
Walter Mussmann war ein Papierler durch und durch: Zuerst bei der Papierfabrik im Tessin, dann ab 1964 in Cham. Der Maschineningenieur setzte wichtige Impulse bei der Verbesserung der Arbeitsabläufe.
Stationen
1925 Walter kommt am 9. August in Wolfsberg, Kärnten, zur Welt. Er ist österreichischer Staatsbürger. Seine Mutter stirbt an Kindbettfieber. Deshalb wächst Walter Mussmann bei seinen Grosseltern auf. [1]
1940 Im Zweiten Weltkrieg will der 15-jährige Walter Mussmann Flugzeugbauer und Flieger werden. Er reist zu den Dornier-Werken in München, doch aus einer Anstellung wird nichts. So absolviert Walter eine kaufmännische Ausbildung in Österreich. [2]
1943 Mussmann schliesst die kaufmännische Ausbildung ab, wird aber zum Reichsarbeitsdienst einberufen, eine Art Militärdienst ohne Waffen, mit Exerzieren und militärischen Übungen bis an die Leistungsgrenze. [3]
1944 Walter Mussmann schafft es doch noch, eine fliegerische Ausbildung zu beginnen. Die Begeisterung ist riesig, und der 32. Flug ist bereits ein Alleinflug. Seine Flüge werden immer gekonnter, sodass bald auch Kunstflüge mit Rollen, Loopings und Turns auf dem Programm stehen. Mussmann erwirbt den «Luftwaffen-Flugzeugführerschein». [4]
Walter Mussmann mit dem Schulgleiter, undatiert (um 1944)
1945
Der Weltkrieg geht zu Ende, und Walter Mussmann hat «ohne etwelche Schrammen und ohne zu hungern» überlebt. Er besteht die Aufnahmeprüfung der Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik in Graz. [5]
1949 Die Ausbildung zum Ingenieur geht zu Ende. Weil keine adäquate Arbeit ausgeschrieben ist, nimmt Mussmann eine Stelle als Hilfsarbeiter in einer Ziegelei an. Nach einigen Monaten findet er eine Stelle bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft und wirkt dort bei der Spedition, allerdings mit dem Hintergedanken, firmenintern in den technischen Dienst übertreten zu können. [6]
1955 Walter Mussmann will sein Glück im Ausland versuchen und kommt in die Schweiz. Er nimmt eine Stelle bei der von August Bell (1814–1870) gegründeten Maschinenfabrik Bell in Kriens LU an. Er wohnt an der Gallusstrasse 12 in Kriens. In der Freizeit findet er Anschluss beim Aero-Club Schweiz, Sektion Luzern, und kann Flüge in Birrfeld AG und Olten SO absolvieren. [7]
1956 Bei einem Mandolinenkonzert in Luzern lernt Mussmann die Schweizerin Ruth Wangler kennen, die Tochter des Dirigenten. Im Jahr darauf heiraten die Beiden. [8]
1959 Tochter Monika kommt zur Welt, ein Jahr später Sohn Thomas; die Familie Mussmann-Wangler wohnt mittlerweile am Oberhusweg 5 in Kriens. [9] Dort wohnt damals auch Rudolf Rössler (1897–1958), der sich später als Spion entpuppte.
1961 Walter Mussmann nimmt eine Stelle als Maschineningenieur bei der Papierfabrik Cartiera di Locarno in Tenero TI an. Damals gehört diese Fabrik noch nicht zur Papierfabrik Cham (die Fusion erfolgt erst 1978), sondern der Familie Winzenried. [10]
1963 Weil es in der Tessiner Papierfabrik rumort, sieht sich Mussmann nach einem neuen Arbeitgeber um. Er findet ihn – in Cham! Er tritt seine Stelle bei der Papierfabrik am 1. November an und gedenkt eigentlich, nicht lange zu bleiben. [11] Doch es werden knapp 30 Jahre! In seiner Funktion als Maschineningenieur und Projektleiter ändert und verbessert er alle Papiermaschinen in Cham. Trotz seiner Funktion als Vorgesetzter fühlt er sich der Belegschaft verbunden und übernimmt während neun Jahren den Vorsitz der Angestelltenkommission. [12] Die Familie Mussmann-Wangler wohnt in Cham an der Rigistrasse 33, unweit der Fabrik.
1969 Mussmann lässt sich und seine Kinder in Cham einbürgern, auch seine Frau Ruth musste den Bürgerort wechseln (von Luzern nach Cham). [13]
1990 Walter Mussmann erreicht das ordentliche Pensionsalter, geht aber nicht in Pension. Er übernimmt im Auftrag der Geschäftsleitung der Papierfabrik weitere Spezialprojekte. [14]
1993 Im Alter von 68 Jahren geht Mussmann am 31. März nun doch in Pension. [15] Er gründet die Senioren-Vereinigung der Papierfabrik Cham. [16]
2014 Walter Mussmann-Wangler stirbt am 1. April «völlig überraschend» im Alter von 88 Jahren. [17]
Karikatur / Zeichnung des Kunstmalers Hans Potthof (1911–2003), Zug
Würdigung
Walter Mussmann hatte ein eindrückliches Leben. Unter schwierigen Umständen in Österreich aufgewachsen und die Kriegsjahre überlebt, entwickelte er sich zum respektierten Berufsmann und kam in die Schweiz, wo er eine neue Heimat fand. Als bestens ausgebildeter Maschineningenieur mit breiter Berufserfahrung war er als Projektleiter tätig. Die Geschäftsleitung schätzte seine Arbeit, sodass er bei seiner Pensionierung angefragt wurde, Spezialprojekte zu übernehmen. Gerne hätte er sich beruflich weiterentwickelt, was ihm aber verwehrt wurde, weil er weder einen Mentor noch Beziehungen hatte oder in der richtigen Partei war. Er blieb der Papieri trotzdem treu und stellte seine Dienste nach der Pensionierung weiterhin zur Verfügung, da die Geschäftsleitung auf gute Leute angewiesen war. Seine Loyalität zur Papieri und den Angestellten zeigte sich auch damit, dass er sich für das Amt des Präsidenten der Angestelltenkommission wählen liess und es während neun Jahren ausübte. Nach seiner Pensionierung gründete er den Senioren-Club der Papieri und leitete diese während sieben Jahren.
Einzelnachweise
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 1, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 3, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 4, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 4f., freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 7, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 7, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 9, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 11, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 13, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 13, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 14, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 2, 1993, S. 38
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 15, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 15, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Mosaik Hauszeitschrift der Papierfabriken Cham-Tenero AG, Nr. 2, 1993, S. 38
- ↑ Mussmann, Walter, Meine Memoiren, Transkript 1999, S. 15, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ruth Mussmann-Wangler, Zug, 25.09.2023
- ↑ Todesanzeige, www.todesanzeigenportal.ch [Stand: 19.09.2023]