Hildebrand Bernhard (1756–1838)
Bernhard Hildebrand war ein Spross der Familie Hildebrand aus Bibersee, die viele massgebende Politiker und Kirchenmänner hervorgebracht hat. Hildebrand war 40 Jahre lang Pfarrer von Risch. Im Gegensatz zu den meisten seiner Verwandten, die konservativ eingestellt waren und im Liberalismus eine Gefahr sahen, zeigte er sich gegenüber der helvetischen Republik und ihren Anstrengungen für eine bessere Bildung aufgeschlossen.
Stationen
1756 Bernhard Hildebrand wird am 2. Februar in Oberwil bei Cham geboren. [1] Den ersten Unterricht erhält er in Cham und Baar. [2]
Er durchläuft die «niederen Studien» fünf Jahre in Freiburg im Breisgau und studiert danach weitere fünf Jahre in Luzern Theologie und Philosophie. Hildebrand wird in Konstanz zum Priester geweiht. [3]
ab 1780 Hildebrand ist während rund 10 Jahren Schullehrer («informator») in Luzern. [4] Er wirkt als Privatlehrer bei Schultheiss Rüttimann in Luzern. [5]
1789 Hildebrand wird Vikar und Frühmesser in Müswangen bei Hitzkirch LU. Er versieht dieses Amt an Stelle des designierten Johann Caspar Schmid, der sich vor dem Amtsantritt weiteren Studien widmen möchte. Hildebrand errichtet in Müswangen eine Lateinschule für begabte Kinder, um sie auf das Gymnasium vorzubereiten. [6]
1790 Hildebrand unterzeichnet in Hitzkirch ein Dokument mit: «Joan Bernard Hildenbrand, Vice Primissarius». [7]
1793 Am 29. November wird Hildebrand in Cham Vikar. [8] Da Pfarrer Josef Martin Spillmann (1748–1827) ernsthafte gesundheitliche Probleme hat, wird Vikar Hildebrand Stellvertreter des Pfarrers. [9]
1798 Am 18. Februar verkündet Hildebrand während des Gottesdienstes an der Herren-Fasnacht auf der Kanzel, dass die stadtzugerischen Vogteirechte fallen werden und Cham bald eine freie Gemeinde sein werde, allerdings werde bis zur Konstituierung des freien Gemeindewesens noch die alte Ordnung gelten und die bestehende Obrigkeit zu gebieten haben. [10] Hildebrand wird in das Priesterkapitel Zug aufgenommen. [11]
Vikar Hildebrand wird im Juni Pfarrer in Risch. Er ist der erste Pfarrer, den die Rischer selbst wählen können. Hildebrand ist ein grosser Schulfreund und er unterstützt die Reformideen der Helvetik. [12]
Unterschrift von Bernhard Hildebrand «Bernard Hildebrand Pfarrer zu Risch»
1799
In der Schul-Enquete des helvetischen Bildungsministers Philipp Albert Stapfer (1766–1840) schreibt Hildebrand am 11. Februar, dass das Predigen und das Erziehungswesen seine Lieblingsbeschäftigungen seien. Er kann die Kirchgenossen von Risch zur Gründung einer Schule bewegen und den musikbegeisterten Rischer Kaspar Lutiger (1761–1834) für die Schul- und Kaplanenstelle gewinnen. [13]
1804 Hildebrand wird Schulinspektor und Erziehungsrat. [14]
1811 Hildebrand wird Mitglied der Schulkommission Risch. [15]
1814 Als mit der neuen Verfassung der Erziehungsrat wieder abgeschafft wird, sorgt Hildebrand dafür, dass die Schule den erreichten Standard halten kann. [16]
1823 Hildebrand verfasst eine Gedenkschrift, in welcher er die Hungersnot von 1817 und 1818 beschreibt. Sie wird in den Eckstein der Kapelle Holzhäusern gelegt. [17]
1824 Am 6. Mai beauftragt Hildebrand den Bildhauer Niklaus Häfliger (1767–1837), der auch die Umgestaltung der Altargruppe besorgt, mit der Ausführung der neuen Kanzel für die Rischer Pfarrkirche St. Verena. Er finanziert die neue Kanzel aus seinem Privatvermögen. [18]
Am 23. Oktober wird in Cham eine Urkunde unterzeichnet, wonach das Haus zum «Bären» «ledig und eigen für ein künftiges Waisen- und Armenhaus einer löblichen Gemeinde Cham» sei. Mitunterzeichner dieser Urkunde ist Pfarrer Bernhard Hildebrand. [19]
1826 Die von Hildebrand gestiftete Kanzel wird eingeweiht. In einer Kartusche unter der Brüstung befindet sich das Wappen des Stifters – ein schwarzer Ast mit goldenen Wurzeln und vier goldenen Flammen. Ein Hinweis, dass der Pfarrer aus der Chamer Familie der Hildebrand stammt, obschon in deren Familienwappen der Ast üblicherweise nach links zeigt. [20]
Das Hildebrandwappen an der Kanzelhaube in der Pfarrkirche St. Verena Risch, «H. Bernard Hildebrand Pfarrer Sext(ar) 1826»
Im Alter erblindet Hildebrand, «ohne seinen Optimismus zu verlieren». [21]
1838 Am 7. Februar stirbt Bernhard Hildebrand kurz nach seinem 82. Geburtstag. Am 9. Februar wird er beerdigt. [22]
Hildebrands Schilderung der Hungerkrise um 1817/18
«Der Jahrgang 1823 beginnt sehr fruchtbar zu seyn; obwohl ein anhaltender rauher Winter vorging, und im vorigen Sommer ein schrecklicher Hagel unsere Gegend verheerte, und weitum die Emde beynahe zernichtete, ist unsere Pfarr höchst gesegnet, und so das ganze Land. - Die Lebensmittel sind wohlfeil, das Brod zu 5 Pfund 12 sch. (Schilling) 2 a. (Angster) - das Pf. Fleisch 5 sch. 4 a. - das Pf. Anken 12 sch. 3 a. - der Most die Maas 2 sch. 3 a. - Landwein die Maas 9 sch. - Elsässerwein die Maas 21 bis 24 sch. - Kirschenwasser 25 sch. - das Viertel Erdäpfel 6 bis 7 sch.
Wer erkennt nicht die grosse Güte des allmächtigen Gottes, da in den vorigen Jahren 1817 bis 1818 ein so grosser Mangel und Theurung der Lebensmittel gewesen, nicht nur in der Schwyz und herumliegender Gegend, sondern beynahe in ganz Europa, dass Lebensmittel aus andern Weltteilen mussten hergeschafft werden; und viele Leute besonders in den Kantonen St. Gallen und Glaris, und andern Berggegenden vor Hunger gestorben, welches leicht zu fassen, da das Brot zu 5 Pfund in unserm Kanton zu 60 sch. galt, - die Erdäpfel das Viertel zu 3 Gulden 25 sch. - das Viertel gedörrte Birrenschnitz über 2 Kronthaler - das Malter Korn im Kanton Luzern über 100 Gulden - welcher Abstand zwischen den jetz gegenwärtigen Zeiten.» [23]
Auszug aus dem Nachruf
«Stets besorgt das phisische und moralische Wohl seiner Pfarrangehörigen zu befördern, war der Verewigte der treue Ratgeber in unglüklichen Verhältnissen lebender Familien, der uneigennüzige Freund der Armen, und der Trost der Kranken und Bedrängten. Freigebig, ohne verschwenderisch zu sein, fand der Freund wie der Unbekannte bei dem Verewigten stets — eine liebe, volle, gastfreundliche Aufnahme, gewürzt von heiterer Laune und geseliger Freundlichkeit. Bernhard Hildenbrand war ein Mann ohne Falsch, fern von pedantischer Kopfhängerei.» [24]
Würdigung
Für Bernhard Hildebrand war die Bildung ein grosses Anliegen. An allen Wirkungsorten förderte er das Schulwesen und die Bildung. Obwohl er ein Kirchenmann war, zeigte er sich gegenüber den durch die Helvetische Republik eingeführten und angedachten Neuerungen offen, vor allem wenn es um die Bildung der Jugend ging.
Es war Hildebrand, der den Chamerinnen und Chamern am 18. Februar 1798 von der Kanzel aus verkündete, dass die Zeit der Vogtei zu Ende sei und Cham schon bald eine freie Gemeinde sein werde. Als nach der Niederlage Napoleons I. vor allem in den katholischen Kantonen viele durch Frankreich eingeführte Neuerungen rückgängig gemacht wurden, sorgte er in Risch dafür, dass die Reformen in der Bildung Bestand hatten.
Bilddokumente
Ölbild von Bernhard Hildebrand, Pfarrhaus Risch, 1. Viertel 19. Jahrhundert
Die von Bernhard Hildebrand gestiftete Kanzel der Pfarrkirche St. Verena Risch mit dem Hildebrandwappen über der Kanzelhaube.
Einzelnachweise
- ↑ Iten, Albert, Tugium Sacrum. Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952, Stans 1952, S. 241f.
- ↑ Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 16.02.1838
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
- ↑ Hediger, Richard, Risch - Geschichte der Gemeinde, Risch 1987, S. 147, 181
- ↑ Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 16.02.1838
- ↑ Hornstein-Schnider, Paul, Quellen- und Bildersammlung aus Archiven der Pfarreien Müswangen und Hitzkirch und Privaten, http://peter-fasler.magix.net/public/LUProfile3/lu_langnau_kath_htm_files/LU_Mueswangen_Kirche_und_Pfarrei.pdf, S. 39, 43
- ↑ Vgl. Anmerkung 7 (Hornstein-Schnider) S. 39, 43
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
- ↑ Bürgerarchiv Zug, A 39.26.36.670, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1792–1795, fol. 70r (29.11.1793)
- ↑ Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/1493, Villigerchronik 1802, S. 18
- ↑ Franz Karl Stadlin, Die Geschichten der Gemeinden Chaam, Risch, Steinhausen u. Walchwyl, Luzern 1819, S. 307
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 147, 181
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 147f.
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f. Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 183
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 184
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 184
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 129
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 29.06.2016
- ↑ Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 55
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 29.06.2016
- ↑ Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 16.02.1838
- ↑ Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 16.02.1838. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
- ↑ Vgl. Anmerkung 4 (Hediger), S. 129
- ↑ Wochenblatt für die vier löblichen Kantone Ury, Schwytz, Unterwalden und Zug, 16.02.1838